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Höhere Mehrwertsteuer gefordert Fleisch und Milch sollten laut Umweltbunesamt höher besteuert werden

Von Thorsten Knuf 05.01.2017, 07:47
Die Deutschen essen viel Fleisch.
Die Deutschen essen viel Fleisch. dpa

Berlin - Deutschlands oberste Umweltbehörde fordert einen konsequenten Abbau umweltschädlicher Subventionen – inklusive solcher für tierische Nahrungsmittel wie Fleisch und Milcherzeugnisse. Diese Produkte profitierten bisher vom ermäßigten Mehrwertsteuersteuersatz in Höhe von sieben Prozent, obwohl sie deutlich klimaschädlicher seien als Getreide, Obst oder Gemüse, beklagte das Umweltbundesamt (UBA) am Donnerstag.

Vegetarische Produkte und ÖPNV subventionieren

„Tierische Nahrungsmittel sollten künftig mit den regulären 19 Prozent besteuert werden“, forderte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Im Gegenzug könnte der Staat die entstehenden Steuereinnahmen nutzen, um den ermäßigten Mehrwertsteuersatz weiter zu senken und beispielsweise Obst und Gemüse sowie den öffentlichen Nahverkehr noch billiger zu machen.

Nach Berechnungen der Dessauer Behörde lässt sich der Staat die umweltschädlichen Mehrwertsteuer-Begünstigungen bei Nahrungsmittel pro Jahr mindestens 5,2 Milliarden Euro kosten. Das ist aber nur ein Teil der umweltschädlichen Subventionen insgesamt. Sie erreichen nach UBA-Schätzung insgesamt ein Volumen von 57 Milliarden Euro.

Die größten Posten sind die Steuervergünstigung für Diesel (7,5 Milliarden Euro) sowie die Steuerbefreiung für Flugbenzin (7,1 Milliarden). Besonders stark ins Gewicht fallen unter anderem auch die Entfernungspauschale für Berufspendler (5,1 Milliarden) und die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge (4,8 Milliarden). Die Zahlen finden sich in der neuesten Ausgabe der Publikation „Umweltschädliche Subventionen in Deutschland“, die die Behörde am Donnerstag veröffentlichte.

Die Forderung nach einer Mehrwertsteuer-Erhöhung für Fleisch und Milchprodukte hatten vor dem Umweltbundesamt auch schon andere offizielle Stellen erhoben, darunter wissenschaftliche Beiräte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sowie der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der beim Umweltministerium angesiedelt ist.

Es gilt unter Fachleuten als unstrittig, dass insbesondere die intensive landwirtschaftliche Produktion zahlreiche Umweltprobleme verschärft oder gar verursacht. Die permanente Düngung zieht etwa Böden und Gewässer in Mitleidenschaft. Die Tierhaltung trägt im großen Stil zur Erderwärmung bei. Hierzulande verursacht sie laut UBA knapp zehn Prozent aller Treibhausgas-Emissionen.

Rindfleisch besonders klimaschädlich

Gleichwohl ist die UBA-Forderung politisch brisant – denn eine höhere Besteuerung tierischer Produkte würde unmittelbare Auswirkungen auf die Ernährungsgewohnheiten und damit auf den Lebensstil der Bevölkerung hierzulande haben. Wie schwierig Debatten über den Fleischkonsum sind, hatte sich unter anderem im Bundestagswahlkampf 2013 gezeigt: Damals flog den Grünen ihre Forderung nach einem fleischfreien Tag („Veggi-Day“) in öffentlichen Kantinen um die Ohren. Die erregte Debatte darüber galt als ein Grund, warum die Partei schließlich beim Urnengang schlecht abschnitt.

Die Bundesregierung war am Donnerstag auffällig bemüht, sich von der Forderung der Behörde zu distanzieren. „Das sind die Vorschläge des Umweltbundesamtes, nicht die des Umweltministeriums. Von einigen Einzelmaßnahmen, die enthalten sind, halte ich nichts“, sagte Ressortchefin Barbara Hendricks (SPD). Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) versucht sogar, den Fleischabsatz in Deutschland weiter anzukurbeln. Erst kürzlich hatte er gesagt: „Fleisch gehört auf den Speiseplan einer gesunden und ausgewogenen Ernährung, auch in der Kita- und Schulverpflegung.“

Auch der Deutsche Bauernverband wies am Donnerstag die Forderung des UBA zurück. „Eine Strafsteuer auf Lebensmittel, wie vom Umweltbundesamt gefordert, hat keinen positiven Nutzen für das Klima, sondern verteuert vor allem den täglichen Einkauf für die Verbraucher“, erklärte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Die Landwirtschaft leiste einen erheblichen Beitrag für den Klimaschutz, die größten Klimasünder seien Energiewirtschaft, Industrie und Verkehr.

Der Grünen-Abgeordnete Thomas Gambke sagte, die Mehrwertsteuer-Ermäßigung für Nahrungsmittel solle einen sozialen Zweck erfüllen. „Lebensmittel sollen auch für Niedrigverdienerinnen und Niedrigverdiener erschwinglich sein. Ich halte eine Differenzierung der Mehrwertsteuersätze im Bereich der Lebensmittel nicht für zielführend.“ Sinnvoller seinen neue Standards in der Landwirtschaft, die Klimaschutz und Tierwohl in den Mittelpunkt stellen.