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Finanzfragen Finanzfragen: Frauen überlassen Geldanlage oft dem Partner

Von Claus Hesseling 21.08.2003, 10:00
Wollen Frauen den Umgang mit großen Summen erleichtern - Astrid Hastreiter (links) und Angelika Huber planen in München eine "Frauenbank". (Foto: dpa)
Wollen Frauen den Umgang mit großen Summen erleichtern - Astrid Hastreiter (links) und Angelika Huber planen in München eine "Frauenbank". (Foto: dpa) dpa

München/Hamurg/dpa. - Frauen haben die Haushaltskasse und ihr Gehaltskonto fest im Griff, doch mit Wertpapierdepots, Bausparverträgen oder Lebensversicherungen tun sie sich oft schwer. Laut einer repräsentativen Studie wissen viele zu wenig über Finanzen und Altersvorsorge. Gerade einmal 48 Prozent der weiblichen Befragten konnten mehr als die Hälfte der in der Umfrage gestellten Fragen aus diesen Bereichen richtig beantworten. Bei den Männern waren es 68 Prozent, ergab die vom Instituts NFO Infratest in München im Auftrag der Commerzbank vorgenommene Untersuchung.

«Natürlich ist das kein genetisches Problem», sagt Dominique Döttling, Vizepräsidentin des Weltverbandes der Wirtschaftsjunioren und Mitglied der Rürup-Kommission der Bundesregierung. Frauen fehle es beim Thema Finanzen aber oft am nötigen Selbstbewusstsein. Der Grundstein dafür werde bereits früh gelegt: «Zahlen, Statistiken, Finanzen - viele Mädchen haben davor bereits in der Schule großen Respekt.» Das müsse sich ändern, fordert die Unternehmensberaterin aus Uhingen (Baden-Württemberg).

«Ein Viertel der Frauen überlässt die Finanzplanung komplett dem Partner», erläutert Hans-Jürgen Kräh von der Abteilung Finanzforschung bei NFO Infratest in München. «Diese Zahl ist erschreckend», so Döttling. «Dahinter steht die Mentalität: Entweder richtet es mein Mann oder Vater Staat. Aber Vater Staat wird es ganz bestimmt nicht richten.» Frauen müßten sich trauen, ihr Leben - und damit auch ihre Finanzen - in die eigenen Hände zu nehmen.

Gerade wenn es um Geldanlage und die finanzielle Vorsorge geht, schneiden Frauen in der Infratest-Studie schlecht ab. «Dabei sind Frauen durch Erziehungspausen und Teilzeitarbeit ganz besonders auf eine solide Altersvorsorge angewiesen», sagt Katrin Tamme, Projektleiterin «Frauen und Finanzen» bei der Vereins- und Westbank in Hamburg. «Viele sind negativ überrascht, wenn wir ihnen vorrechnen, wie wenig sie von der staatlichen Rente zu erwarten haben.»

Eine mögliche Erklärung für das geringe Wissen beim Thema Geld führt Tamme auf die historische Rollenverteilung zurück: Erst in den vergangenen Jahrzehnten hätten Frauen immer mehr Berufsfelder für sich erschlossen und Plätze in den Chefetagen erkämpft. «Heute haben viele Frauen ein Einkommensniveau erreicht, bei dem die Themen Vorsorge und Geldanlage eine wichtige Rolle spielen.»

Dominique Döttling bestätigt zwar, dass Frauen im Berufsleben erhebliche Fortschritte gemacht haben. «Aber es gibt gerade in der Finanzbranche nicht genügend weibliche "role models"», also erfolgreiche Frauen, die als Vorbild für Schülerinnen, Studentinnen oder Berufseinsteigerinnen fungieren.

«Für viele Frauen haftet Geld - sobald es eine bestimmte Größenordnung überschreitet - etwas sehr Negatives an», sagt Angelika Huber, die in München die Gründung einer «Frauenbank» vorantreibt. Sie will ihr Geldinstitut nicht nur gezielt auf die Erwerbsbiografien von Frauen ausrichten, sondern auch den Start in die eigene Existenz erleichtern: «Wenn sie sich selbständig machen, geht es meist um Beträge in einer Größenordnung von 20 000 Euro. Das hat sich für die etablierten Großbanken nicht gelohnt.» Die Kreditinstitute sollen die Kunden umfassend und fair auch über Konkurrenzangebote informieren, fordert Huber.

Denn die wichtigste Informationsquellen für Frauen bei Finanzfragen sind neben dem Gespräch in der Familie immer noch Banken und Sparkassen. Die Commerzbank will mit dem Projekt «Money - made by women» Konzepte erarbeiten, die speziell auf Frauen zugeschnitten sind. Zusätzlich bietet sie - ähnlich wie die Vereins- und Westbank - Vorträge und Diskussionen an. Männer haben keinen Eintritt: «Wir haben bemerkt, dass Frauen in einem gemischten Publikum oft Hemmungen haben, ihre Fragen zu stellen. Sie denken oft: "Damit mache ich mich lächerlich."», so Katrin Tamme.

Dass Frauen finanziell andere Schwerpunkte setzen, ist nicht neu. «Weibliche Anlegerinnen bauen vor allem auf festverzinsliche Wertpapiere, langfristige angelegte Fonds oder relativ sichere Aktien», sagt Monika Ahrens vom Geschäftsfeld Privatkunden der Commerzbank in Frankfurt. «Während Männer manchmal größere Risiken eingehen und ihr Depot häufig umstellen, steht bei Frauen die solide Anlage im Vordergrund.» Das Ergebnis: Im Schnitt erwirtschaften die Depots der Anlegerinnen mehr Profit als die der Männer.

Dietmar Kern, Buchautor aus Möglingen (Baden-Württemberg), rät Frauen, sich über ihre Zukunft genaue Gedanken zu machen: «Als erstes lässt man sich zum Beispiel von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin eine Rentenauskunft erstellen und kann diese sich von einem Rentenberater erläutern lassen. Als zweiten Schritt stellt man sich die Frage: Was habe ich an Versicherungen und Vorsorge und was ist sinnvoll?» Anschließend muss man diese an die weitere Lebensplanung anpassen.

Das Wichtigste sei, sich möglichst breit und intensiv zu informieren, so Kern. «Jede Bank, jede Versicherung will zuerst einmal ihre eigenen Produkte verkaufen. Da darf man sich nicht von Zahlen und Prozenten blenden lassen, sondern muss alles in Ruhe durchrechnen.» Den Frauen, die ihre Finanzangelegenheiten in die eigenen Hände nehmen wollen, macht der Wirtschaftspublizist Mut: «Der Start ist schwierig, aber eigentlich kann das jede.»