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Faltboote aus Pouch Faltboote aus Pouch: Nischenprodukt aus DDR-Zeiten weiter sehr beliebt

Von Thomas Schöne 05.08.2015, 09:27
Katharina Seidel begutachtet den Holzrahmen eines Faltbootes. Sechs Modelle gehören derzeit zur Palette des Betriebes aus Sachsen-Anhalt.
Katharina Seidel begutachtet den Holzrahmen eines Faltbootes. Sechs Modelle gehören derzeit zur Palette des Betriebes aus Sachsen-Anhalt. dpa Lizenz

Bitterfeld/Pouch - Ein Boot zum Falten? Die Produkte der Poucher Boote GmbH (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) füllen eine Nische aus. Und das schon seit 1950. Zu DDR-Zeiten waren die Boote rar und galten als sogenannte „Bückware“: Die Ware nur über gute Beziehungen unter dem Ladentisch verkauft. Das Angebot an Freizeitgeräten war damals begrenzt. Heute sind die Boote immernoch beliebt - und ohnehin auch längst im Westen bekannt.

„Mich sprechen immer Menschen, auch in den alten Bundesländern, bezüglich der Poucher Boote an“, sagt etwa die Bürgermeisterin der Einheitsgemeinde Muldestausee, Petra Döring (parteilos). „Für die Bekanntheit des Ortes hat die Firma enorm beigetragen.“

„Wir entwickeln jedes Jahr ein neues Modell und nehmen dafür ein altes aus dem Programm“, erzählt Geschäftsführer Ingolf Nitschke. Renner seien derzeit Zwei- und Dreisitzer. Aufgrund ihrer robusten Fahreigenschaften eignen sie sich insbesondere für junge Familien mit Kind. Insgesamt fertigt der Betrieb sechs Faltboottypen.

Zu DDR-Zeiten produzierten 180 Beschäftigte pro Jahr unter anderem 7000 Boote sowie weitere campingtypische Artikel, darunter auch Zelte. Bei manchen weckt das Erinnerungen.

„Wir hatten Ende der 70er Jahre einen Zweisitzer“, sagt das Rentnerehepaar Brandt aus Halle. „Damals waren unsere beiden Kinder klein und passten mühelos ins Boot. Wir sind auf den Gewässern der Mecklenburger Seenplatte und auch hier um Halle viel herumgekommen. Sogar ein Segel hatten wir dazu. Das Boot gibt es heute noch“, erzählen Doris und Dieter.

„Faltboote haben den Vorteil, dass sie keinen Liegeplatz brauchen und damit auch Menschen in Städten ein eigenes Wasserfahrzeug ermöglichen“, sagt Geschäftsführer Nitschke. In den letzten Jahren seien pro Jahr 300 Faltboote in Handarbeit produziert worden.

Die mobilen Boote haben viele Fans in Deutschland. „Die Poucher-Fabrikate sind gute Boote mit ausgezeichneten Fahreigenschaften“, sagt Faltbootexperte Roland Stelzer. Er betreibt die Internetplattform „seekajakforum.de.“ „Besonders der Typ RZ 85, der schon zu DDR-Zeiten gebaut wurde, liegt sehr sicher im Wasser. Bevor dieses Boot kentert, muss schon viel passieren.“

Hauptsächlich in den großen Städten wie Berlin, Hamburg, München, Leipzig und Dresden würden die Boote verkauft, heißt es von der Firma. „Zudem wird in die Beneluxländer, Schweden, Frankreich und die USA exportiert“, so Nitschke.

Neben der Bootsproduktion fertigt der Zehn-Mann Betrieb in der hauseigenen Tischlerei Treppen für Einfamilienhäuser. Dazu kommt die Produktion von maßgeschneiderten Sonnensegeln, Abdeckplanen für Lkw- und Hänger, Sicherheitsabdeckplanen und Poolauskleidungen.

Natürlich werden auch Faltboote repariert - und es gibt einen Ersatzteilhandel. „Dass wir mittlerweile der einzige Faltboothersteller sind, der noch in Deutschland fertigt, wird von Kunden honoriert. Viele kommen auch mit Fremdfabrikaten zu uns, weil sie die Handarbeit Made in Germany vorziehen“, meint Nitschke. (dpa)

Die Schneiderinnen Mandy Hauschild (l.) und Katharina Seidel in der Werkstatt der Poucher Boote GmbH in Pouch.
Die Schneiderinnen Mandy Hauschild (l.) und Katharina Seidel in der Werkstatt der Poucher Boote GmbH in Pouch.
dpa Lizenz
Der Geschäftsführer der Poucher Boote GmbH, Ingolf Nitschke, kniet zwischen drei Booten in seinem Geschäft in Pouch.
Der Geschäftsführer der Poucher Boote GmbH, Ingolf Nitschke, kniet zwischen drei Booten in seinem Geschäft in Pouch.
dpa Lizenz