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Transfair-Siegel Fairtrade-Umsatz über eine Milliarde Euro: Kakao, Kaffee und Bananen beliebt

Von Timot Szent-Ivanyi 23.05.2017, 06:47
Mit fair gehandelten Produkten wurde 2016 erstmals mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt.
Mit fair gehandelten Produkten wurde 2016 erstmals mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt. dpa

Berlin - Trauringe aus Gold, Wattepads oder Litschi-Nektar - das Angebot fair gehandelter Produkte wird immer breiter. Dass die Produzenten von ihrer Hände Arbeit auch leben können, ist den Verbrauchern hierzulande immer wichtiger. 2016 Jahr hat der Umsatz mit Fairtrade-Produkten in Deutschland erstmals die Marke von einer Milliarde Euro überschritten.

Der hiesige Fairtrade-Markt wächst sehr dynamisch, doch die am Montag vorgelegten Zahlen klingen beeindruckender, als sie es tatsächlich sind. Und es gibt eine Reihe von Problemen bei der Ausweitung dieses Marktes.

Deutsche kaufen im europäischen Vergleich weniger Fairtrade

Fast 1,2 Milliarden Euro gaben die Verbraucher im vergangenen Jahr für fair gehandelte Produkte aus, das ist ein Plus von immerhin 18 Prozent. "Die Entwicklung ist der endgültige Beweis dafür, dass Fairtrade bei einer breiten Schicht der Bevölkerung angekommen ist", sagte Transfair-Vorstandschef Dieter Overath bei der Vorstellung des Jahresberichts in Berlin.

Im Schnitt kaufte jeder Deutsche für 13 Euro faire Produkte. Das ist im europäischen Vergleich allerdings noch immer sehr wenig: Die Österreicher gaben pro Kopf und Jahr 30 Euro aus, die Briten 44 und die Schweizer sogar 69 Euro.

Transfair war 1992 mit dem Ziel gegründet worden, die Arbeitsbedingungen von Kleinbauern in den Entwicklungsländern zu verbessern. Das blau-grüne Fairtrade-Siegel dürfen nur Produkte tragen, bei deren Herstellung anerkannte soziale und ökologische Standards eingehalten werden.

Starke Wachstumsraten bei Kaffee, Bananen und Kakao

So müssen beispielsweise Mindestpreise gezahlt werden, um die Produzenten vor starken Schwankungen auf dem Weltmarkt zu schützen. Durch die Lizenzeinnahmen für das Siegel werden zudem vor Ort soziale Projekte finanziert. Die Produzentenorganisationen in Afrika oder Lateinamerika erhielten dadurch 2016 rund 21 Millionen Euro zusätzlich, das sind fünf Millionen Euro mehr als 2015.

Starke Wachstumsraten gab es bei den Klassikern unter den fair gehandelten Produkten: Fairtrade-Bananen haben mittlerweile in Deutschland einen Marktanteil von zehn Prozent. Fairer Kaffee kommt auf fast vier Prozent, bei Kakao sind es sechs und bei Schnittblumen über zehn Prozent.

Geringe Marktanteile bei Reis und Orangensaft

Bei den Bananen fangen aber die Probleme an. Fairtrade-Bananen sind allesamt Bio-Produkte. Transfair möchte aber auch die Masse der Kleinbauern fördern, die keine Chance haben, auf Pflanzenschutzmittel zu verzichten. Overath verwies dabei auf die Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten durch den Klimawandel. Nach seinen Angaben ist der deutsche Handel jedoch nicht bereit, höhere Preise für konventionelle Bananen zu akzeptieren, um keine Kunden zu verlieren.

Auch bei Reis oder Orangensaft kommt Transfair nicht voran. Hier liegen die Marktanteile unter einem Prozent. "Große Markenhersteller sind hier nicht bereit mitzumachen", beklagte Overath. Er forderte die Hersteller auf, ihre Haltung zu überdenken. Bei Textilien musste Fairtrade sogar Rückschläge hinnehmen. Die Zahl der verkauften fairen Kleidungsstücke sank um sieben Prozent.

Bündnis für Textilien

Transfair-Aufsichtsrat Heinz Fuchs lobte das Engagement von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), die Textilproduzenten auf ein Bündnis mit sozialen und ökologischen Standards zu verpflichten. Doch man müsse die Frage stellen, ob dieses Bündnis den Herstellern vor allem die Gelegenheit biete, "sich in langjährigen Diskussionen zu verstecken".

Einen eigenen Textilstandard hatte Transfair 2016 entwickelt. Er sieht vor, dass beteiligte Unternehmen die jeweiligen nationalen Mindestlöhne zahlen und die Einkommen in einer Sechs-Jahresfrist auf ein Niveau heben, das zum Leben reicht.