Europäische Zentralbank Europäische Zentralbank: Was bedeutet der niedrige Leitzins für Kreditnehmer?
berlin/MZ. - Wichtig ist zunächst der Blick auf die Inflationsrate. Viele Menschen sorgen sich, dass die Geldschwemme die Preisstabilität gefährdet. Einstweilen ist das jedoch nicht zu befürchten. Solange die Wirtschaft in Europa nicht richtig in Fahrt kommt, bleiben die Gefahren für einen Preisauftrieb gering. Denn nur im Boom können Unternehmen Preiserhöhungen durchsetzen. Im Übrigen reichen die Banken das billige Geld von der EZB bislang kaum als Kredite an die Unternehmen weiter. Die umlaufende Geldmenge steigt deshalb nicht. Auch das spricht dafür, dass die Preisrisiken vorerst beherrschbar bleiben. Horst Biallo vom Finanzportal Biallo.de sieht aktuell jedenfalls noch keine Inflationsgefahren.
Der Finanzexperte rechnet jedoch mit Bewegungen bei den Zinssätzen: "Baugeld und Ratenkredite könnten noch billiger werden", sagt er. Denn der Wettbewerb zwischen den Banken sei gerade bei Hypothekendarlehen hoch. Aktuell kostet Baugeld mit zehn Jahren Zinsbindung im Durchschnitt 2,71 Prozent. Das ist bereits außergewöhnlich günstig - die Zinssätze könnten aber nach dem EZB-Entscheid weiter sinken. Ähnliches gilt für Ratenkredite. Ein Ratenkredit mit 36 Monaten Laufzeit kostet derzeit laut Biallo-Index im Schnitt 6,6 Prozent. Günstige Ratenkredite gibt es bereits für knapp fünf Prozent. Auch hier ist nach der Zinssenkung noch Spielraum nach unten.
Anders sieht es hingegen bei den Dispozinsen aus. "Die Banken werden sie aller Erfahrung nach nicht senken, weil sie damit viel Geld verdienen", sagt Biallo. Verbraucher müssen sich wohl darauf einstellen, dass die Kosten für die Überziehung des Kontos mit Zinsen jenseits der Zehn-Prozent-Marke weiterhin sehr hoch bleiben. Trotz der historisch niedrigen Leitzinsen kostet ein Dispositionskredit derzeit im Schnitt noch immer 11,66 Prozent. Allerdings kann man auch deutlich günstigere Angebote oder Alternativen wie so genannte Abrufkredite nutzen.
Beruhigende Nachrichten gibt es unterdessen für festverzinsliche Geldanlagen wie Tages- und Festgelder. Die Zinssätze dürften hier nach Einschätzung der Finanzberatung immerhin - auf niedrigem Niveau - konstant bleiben. Grund: Auf dem deutschen Markt sind inzwischen viele ausländische Institute unterwegs, die ihren Kunden attraktive Zinsen bieten. Sie heizen den Wettbewerb an und sorgen dafür, dass auch die heimischen Institute relativ attraktive Angebote machen, sagt Biallo. Dennoch sind die Zinsen alles andere als üppig.
