1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Höhenflug: Erstmals 4.000 Dollar: Warum der Goldpreis steigt und steigt

Höhenflug Erstmals 4.000 Dollar: Warum der Goldpreis steigt und steigt

Allein in diesem Jahr hat das Edelmetall bereits um mehr als 50 Prozent zugelegt - und andere Anlageformen abgehängt. Was sind die Gründe für den anhaltenden „Goldrausch“?

Von Jürgen Krämer, dpa-AFX Aktualisiert: 08.10.2025, 13:33
Gold gilt bei vielen Investoren als sicherer Hafen in politisch unsicheren Zeiten. (Symbolbild)
Gold gilt bei vielen Investoren als sicherer Hafen in politisch unsicheren Zeiten. (Symbolbild) Sven Hoppe/dpa

London/Frankfurt - Der Goldpreis ist seit Wochen im Höhenflug und hat die nächste Rekordmarke geknackt. In der Nacht auf Mittwoch kostete eine Unze (etwa 31,1 Gramm) des Edelmetalls erstmals mehr als 4.000 US-Dollar und erreichte am Vormittag ein Rekordhoch bei 4.040 Dollar. Seit mittlerweile zwei Jahren geht es mit dem Goldpreis tendenziell nach oben. Allein seit Ende 2024 verteuerte sich das Edelmetall bereits um rund 53 Prozent. 

Was sind die Preistreiber? 

Es ist eine Kombination aus verschiedenen Gründen, die für eine immer stärkere Nachfrage nach Gold sorgt. Zuletzt sind aber politische Krisen stärker in den Vordergrund gerückt. Mit dem Haushaltsstreit in den USA und dem „Shutdown“ in zahlreichen amerikanischen Behörden sowie der sich zuspitzenden Staatskrise in Frankreich setzen viele Investoren verstärkt auf Gold, das bei Anlegern als „sicherer Hafen“ in politisch unsicheren Zeiten gilt. 

Welche weiteren Gründe für den Preisanstieg gibt es? 

Hierzu zählen vor allem die Spekulation auf sinkende Zinsen in den USA und der Kauf von Gold durch Notenbanken, die ihre nationalen Reserven unabhängiger vom US-Dollar machen wollen. Eine Rolle spielen auch Goldkäufe durch Goldfonds sowie ein schwacher Dollar. Da Gold in US-Dollar gehandelt wird, führt eine Abwertung des Dollars dazu, dass Gold für Anleger außerhalb der USA günstiger wird - was Nachfrage und Preis antreibt. Auch Unsicherheiten wegen anderer Währungen verstärken die Flucht in das Edelmetall. 

Spielt auch die Inflation eine Rolle?

Ja. Gold gilt auch als eine Absicherung gegen Inflation. Bei erwarteten Preissteigerungen kaufen Anleger Gold, um ihren Vermögenswert zu erhalten. Ist die Inflation höher ist als die Nominalzinsen, belastet dies Spareinlagen. Gold wirft zwar keine laufenden Erträge ab, aber der Goldpreis hat bisher in vielen Phasen mit der Inflation mitgehalten. 

Warum ist gerade Gold in unsicheren Zeiten gefragt?

Gold haftet seit Jahrtausenden der Nimbus als sicherer Hafen an, denn man kann es auch in Krisenzeiten umtauschen. Anders als Währungen, die durch geldpolitische Entscheidungen beeinflusst werden können, oder Aktien, die Unternehmensrisiken oder -chancen widerspiegeln, behält Gold seinen Wert - über Grenzen und politische Systeme hinweg. Gold ist beständig und kann geteilt sowie transportiert werden.

Was bedeutet der Anstieg für Handel und Verbraucher?

„Weder Industrie noch Handel können die Goldpreisentwicklung in der Kalkulation auffangen“, sagte Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Bundesverbands der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte. Viele Lieferanten müssten die Preise anpassen. Eine Zurückhaltung bei der Kundschaft bemerke Dünkelmann aber nicht. „Wir beobachten derzeit weder einen Trend zu minderwertigeren Legierungen noch eine Abkehr vom Gold zu anderen Edelmetallen.“ Diese Akzeptanz der Kunden müsse aber nicht so bleiben.

Weshalb kaufen Notenbanken vermehrt Gold? 

Früher war Schmuck ein wesentlicher Treiber der Goldnachfrage, inzwischen entfällt ein Großteil auf Investitionen und Zentralbankkäufe. Notenbanken kaufen Gold aus strategischen Gründen, die vor allem mit wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zusammenhängen. Währungshüter besonders aus Ländern wie China und anderen aufstrebenden Volkswirtschaften wollen mit dem Aufbau ihrer Goldreserven die Abhängigkeit vom US-Dollar verringern. Auch Länder, die mit Sanktionen belegt sind, bevorzugen Gold.

Warum kaufen sicherheitsbewusste Anleger nicht Staatsanleihen?

Auch hier spielen die politischen Krisen eine wichtige Rolle. An den Märkten gibt es die Sorge, dass Länder wie die USA, Japan oder auch Frankreich ihre Staatsverschuldung weiter in die Höhe treiben. Die Anleger befürchten, dass es zu wenig Anstrengungen gibt, die Haushalte zu konsolidieren. Außerdem drohen negative Bewertungen durch die führenden Ratingagenturen. 

Wie sieht der Vergleich mit anderen Anlageklassen aus?

Auch andere Edelmetalle legen zu. Mit dem Anstieg um mehr als die Hälfte sticht Gold in diesem Jahr allerdings die meisten anderen Anlageklassen aus. Selbst der Bitcoin, der wie Gold von den geopolitischen Krisen und der politischen Unsicherheit profitiert, kann da nicht mithalten.

Kann der Preis von Silber ebenfalls so stark zulegen? 

Auch der Preis von Silber kennt seit Beginn des Jahres nur eine Richtung: nach oben. Ähnlich wie beim Goldpreis hat sich die Rekordjagd ab September deutlich beschleunigt. Die Notierung für Silber profitierte ebenfalls von starker Nachfrage und erreichte etwa zeitgleich mit dem Goldpreis ein Rekordhoch. Das liegt aber weit niedriger als der Goldpreis, bei 48,93 Dollar je Feinunze.

Ist Gold mittlerweile nicht zu teuer für Privatanleger?  

Offenbar nicht. Trotz des Rekordpreises können Edelmetallhändler wie Alexander Zumpfe vom Handelshaus Heraeus bisher keine Auswirkungen der hohen Preise erkennen: „In Deutschland ist die Nachfrage privater Investoren weiterhin ungebrochen hoch, ungeachtet des deutlich gestiegenen Preisniveaus“, sagte er. Das starke Interesse zeigt sich auch bei der Nachfrage nach börsengehandelten Wertpapieren, die mit physischem Gold gedeckt sind (ETFs). Analysten der Postbank verweisen auf Rekordkäufe im September.

Wie weit kann der Goldpreis noch steigen? 

Experten gehen übereinstimmend davon aus, dass der Anstieg des Goldpreises noch nicht zu Ende ist. Commerzbank-Expertin Thu Lan Nguyen sieht wegen der zu erwartenden Zinssenkung in den USA noch Luft nach oben und erhöhte die Prognose auf 4.200 US-Dollar bis zum Ende des nächsten Jahres. Auch nach Einschätzung des Heraeus-Händlern Zumpfe dürfte die Dynamik der Preisrallye am Goldmarkt von den Zinsentscheidungen der US-Notenbank Fed abhängen. Sollten die Zinsen in der größten Volkswirtschaft der Welt weiter sinken, dann gebe es Chancen auf eine Fortsetzung der Rekordjagd.