Erfolgsgeschichte aus Sachsen-Anhalt Erfolgsgeschichte aus Sachsen-Anhalt: Deutscher Sektmarkt fest in Rotkäppchens Hand

Leipzig/Freyburg/MZ - „Nein, die schwarzen Porsche vor dem Radisson Blu Hotel in Leipzig gehören uns nicht“, sagt Gunter Heise. „Uns geht es gut, aber nicht so gut.“ Die Worte, die der Chef der Rotkäppchen-Mumm-Sektkellereien zu Beginn seiner 21. und letzten Bilanzpressekonferenz sagte, sind typisch für ihn. Nicht auftrumpfen, Heise genießt leise. Nach 20 Jahren an der Spitze von Deutschlands größtem Sekthaus aus Freyburg (Burgenlandkreis) tritt er Ende April ab (die MZ berichtete).
Die Abschiedsbilanz fällt wie erwartet gut aus. Interessant ist daher eher, wie es weitergeht. Seine Nachfolge ist geregelt. „Sie oder er kommt aus Deutschland“, sagte er. Der Name soll aber erst Anfang Mai bekanntgegeben werden. Heise, der in wenigen Tagen 62 Jahre alt wird, begründet die Managersuche außerhalb des eigenen Hauses damit, dass man „einen Generationswechsel“ möchte.
Neuer Beirat gegründet
Das Ruder ganz aus der Hand legt der Rotkäppchen-Chef freilich nicht. Heise, der auch Anteilseigner bei Rotkäppchen-Mumm ist, wird künftig an der Spitze eines neu geschaffenen dreiköpfigen Beirates stehen, der in Art eines Aufsichtsrates die künftige Geschäftsführung kontrolliert. Neben ihm sitzen Petra Roller und Karl Brings als Vertreter der Familie Eckes-Chantré, die 60 Prozent der Unternehmensteile hält, in dem Gremium. Da künftig mit Ulrich Wiegel nur noch ein Gesellschafter aktiv im Unternehmen tätig ist, wurde der Beirat, der etwa die Geschäftsführung benennt und das Jahresbudget absegnet, geschaffen. „Ein Frühstücksdirektor werde ich nicht“, so Heise.
Seinem Nachfolger oder Nachfolgerin hinterlässt er ein gut bestelltes Haus. Der in Laucha geborene Unternehmenschef, der stets freundlich auftritt, schuf eine sympathische Marke. Dass Rotkäppchen einmal der erfolgreichste deutsche Sekt mit einem Marktanteil von über 34,6 Prozent im Einzelhandel wird, konnte sich der Manager aber nicht vorstellen. Der Erfolg ist hausgemacht: Heise und seine Mitarbeiter haben es geschafft, aus einem „Ostprodukt“ eine deutsche Marke zu kreieren. Durch den Zukauf der Marken Mumm, Jules Mumm, MM Extra im Jahr 2002 und Geldermann 2003 ist das Sekthaus mit einem Marktanteil von heute 50 Prozent unangefochtener Branchenprimus. Mit der Spirituosensparte (Nordhäuser Doppelkorn, Chantré) in Nordhausen (Thüringen) und dem Weingeschäft (Blanchet) hat das Unternehmen zwei weitere starke Standbeine aufgebaut. Dies spiegelt sich in der Bilanz: Im vergangenen Jahr verkaufte das Unternehmen 240,4 Millionen Flaschen Sekt, Wein und Spirituosen und damit 5,5 Millionen Flaschen mehr als 2011. Das entsprach einem Absatzplus von 2,4 Prozent. Allein 121 Millionen Flaschen entfielen auf die Marke Rotkäppchen. Der Umsatz der Gruppe kletterte um 2,9 Prozent auf 855,6 Millionen Euro.
Auslandsgeschäft wird ausgebaut
Arbeit für die neue Führung bleibt dennoch genug. Die Deutschen trinken weniger hochprozentige Spirituosen. Traditionsmarken wie Echter Nordhäuser und der Weinbrand Chantré verlieren seit Jahren Absatz. Der Erfolg, Chantré durch Werbung ein jugendlicheres Image zu verpassen, ist eher mäßig. Rotkäppchen-Mumm muss sich etwas einfallen lassen, um den Absatzschwund zu stoppen.
Die kommende Herausforderung wird aber vor allem sein, Rotkäppchen international bekanntzumachen. Um weiter den Absatz zu erhöhen, will das Sekthaus im Ausland wachsen. „Wir wissen, dass man dort nicht auf uns wartet, aber wir setzen das behutsame Erschließen neuer Märkte“, sagte Vertriebs-Geschäftsführer Manfred Hilpert. Im Blick hat Rotkäppchen-Mumm China, Russland und Kanada. Bereits vertreten ist die Kellerei in Österreich, der Schweiz und Luxemburg. Bisher verkauft Rotkäppchen-Mumm erst eine Million Flaschen ins Ausland. Während deutsche Autos weltweit einen guten Ruf besitzen, müssen die Chinesen und Russen vom deutschen Sekt erst noch überzeugt werden. Diese Aufgabe überlässt Heise anderen: „Vor die Wahl gestellt, ob ich mit meinem geschätzten Vertriebschef oder privat mit meiner Frau China und Russland bereise, fällt mir jetzt die Entscheidung leicht. Mit meiner Frau.“