Entscheidung des Arbeitsgerichts Entscheidung des Arbeitsgerichts: Entlassung von Enercon-Betriebsrat unzulässig

Magdeburg - Die Entlassung eines Enercon-Betriebsrats wegen einer E-Mail an die Belegschaft ist nach einer Entscheidung des Magdeburger Arbeitsgerichts unzulässig. Die Richter wiesen am Mittwoch die Anträge des Windanlagenbauers zurück. Teils seien Fristen nicht eingehalten worden, zudem sei die Mail des Betriebsrats als Meinungsäußerung zulässig gewesen, erklärte das Gericht.
War die Mail beleidigend?
Das Unternehmen hatte dem Betriebsratschef der Magdeburger Enercon-Tochter WEA Service Ost in dem Verfahren vorgeworfen, sich in der Mail beleidigend über einen Personaldienstleister geäußert zu haben. Der Dienstleister hatte wenig später die Zusammenarbeit mit Enercon eingestellt. Im Verfahren hatte der Betriebsrat argumentiert, bei der Mail habe es sich um Satire gehandelt.
Der betroffene Betriebsrat Nils-Holger Böttger sagte nach der Verkündung des Beschlusses: „Ich bin sehr zufrieden.“ Er habe den Geschäftsführer des Personaldienstleisters nicht beleidigt und noch nicht einmal namentlich erwählt. In einer Mitteilung erklärte er: „Jetzt haben wir es endlich schriftlich, dass die deutschen Gesetze auch in der Windkraftbranche gelten.“ Er rechne allerdings damit, dass das Unternehmen Rechtsmittel einlegen werde. Von Enercon war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Der Chef der IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Hartmut Meine, sagte: „Die IG Metall erwartet, dass Enercon das heutige Urteil akzeptiert und nicht länger die Arbeit von demokratisch legitimierten Betriebsräten behindert.“
Die Entscheidung des Gerichts fand auch in der Politik ein lebhaftes Echo. „Das ist ein wichtiges Urteil für die Mitbestimmung und Demokratie in den Unternehmen unseres Landes“, erklärten SPD-Chefin Katrin Budde und der Abgeordnete Andreas Steppuhn in einer Mitteilung.
Der Linksfraktionschef Wulf Gallert twitterte: „Ein Sieg für alle engagierten Betriebsräte, für einen mutigen Menschen und für die Solidarität unter den Mitarbeitern bei Enercon.“ Die Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert meinte: „Es kann nicht sein, dass ein Betriebsrat, der sich für die Belange von Leiharbeitern einsetzt, mit Arbeitsentlassungen bedroht wird.“
Fall beschäftigt auch Landtag
Der Fall hatte auch schon den Landtag von Sachsen-Anhalt beschäftigt. Dabei hatten SPD und Opposition das Unternehmen scharf angegriffen, ein Vertreter der CDU sprach daraufhin von „Klassenkampfrhetorik“. In Magdeburg gilt Enercon wegen zahlreicher neuer Arbeitsplätze und seinen Produkten für die Energiewende einerseits als Vorzeigefirma, andererseits wurde von Gewerkschaften wiederholt der einst starke Einsatz von Leiharbeiten kritisiert.
Für die Entlassung eines Betriebsratsmitglieds gelten sehr hohe Hürden. Im konkreten Fall hatte das Mitbestimmungsgremium seine Zustimmung zur Entlassung Böttgers verweigert. Das Unternehmen beantragte deshalb vom Gericht die notwendige Genehmigung. Auch hilfsweise eingereichte Anträge der Firma, bestimmte Verstöße festzustellen oder Böttger aus dem Betriebsrat auszuschließen, wurden zurückgewiesen. (dpa)