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Gabriel zur Energiewende Energiewende: Sigmar Gabriel will ein Volk von Energiesparern mit Sinn für Klimaschutz

Von Thorsten Knuf 12.05.2016, 11:36
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel will aus uns ein Volk von Energiesparern mit Sinn für Klimaschutz machen.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel will aus uns ein Volk von Energiesparern mit Sinn für Klimaschutz machen. dpa

Wenn hierzulande von der Energiewende die Rede ist, geht es in der Regel um Strom: Windräder und Solaranlagen sollen Kohle- und Atomkraftwerke ersetzen. Schaut man sich den gesamten Energiebedarf von Haushalten und Industrie aber näher an, wird deutlich, dass Heizwärme eigentlich  eine viel größere Rolle spielt als Strom. 

Der Wärmesektor gilt als der „schlafende Riese“ der Energiewende. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat deshalb am Donnerstag in Berlin eine breit angelegte Offensive für mehr Energieeffizienz gestartet. Die Deutschen sollen ein Volk von Energiesparern werden – und auf diese Weise ihren Wohlstand mehren und das Klima schützen. Ein Überblick.

Was hat die Bundesregierung vor?

Deutschland hat sich sehr ehrgeizige Klimaziele gesetzt und dieses zuletzt im Rahmen der Pariser Welt-Klimakonferenz bekräftigt: Bis zur Mitte des Jahrhunderts soll unter anderem der Energieverbrauch um die Hälfte sinken und der Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid um bis zu 95 Prozent vermindert werden. Damit das gelingt, muss die Energiewende dringend auch auf den Wärme- und Verkehrssektor ausgedehnt werden.

Insbesondere bei der Wärme lässt sich heute schon viel Energie sparen: Etliche Häuser sind schlecht gedämmt oder mit völlig veralteten Heizungsanlangen ausgestattet. Auch die Industrie verbraucht oft mehr Wärme als sie müsste. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes entfallen mehr als vier Fünftel des Energieverbrauchs in Privathaushalten auf Heizung und Warmwasser. Die Einsparpotenziale sind also enorm. Hier will Minister Gabriel ansetzen.

Wie genau sieht Gabriels Effizienz-Offensive aus und wie können Verbraucher davon profitieren?

Sichtbarstes Zeichen wird eine breit angelegte Werbekampagne in Zeitungen, Zeitschriften, auf Plakaten und im Internet sein. Das Motto lautet: „Deutschland macht’s effizient.“ Dazu gibt es  umfangreichen Beratungsangeboten für mehr Energieeffizienz.

So ist fortan eine Telefon-Hotlinie geschaltet (0800/0115000, gebührenfrei aus dem deutschen Festnetz), außerdem gibt es eine spezielle Website (machts-effizient.de).  Die Kampagne soll über mehrere Jahre laufen. Daneben startet die Bundesregierung vier neue Förderprogramme, unter anderem zur Abwärmeveremeidung und Abwärmenutzung in Unternehmen. Bereits bisher fördert der Staat mit Zuschüssen und verbilligten Darlehen die energetische Sanierung von Häusern und die Optimierung von Heizungen. 

Gabriel betonte am Donnerstag, dass sein Haus bis 2020 insgesamt 17 Milliarden Euro für die Förderung der Energieeffizienz ausgeben kann. Umweltschützer sind gleichwohl der Auffassung, dass der Staat noch viel mehr tun sollte und könnte.

Die Erdölpreise sind im Keller, folglich ist auch Heizen deutlich billiger geworden. Lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt?

Die derzeit niedrigen Energiepreise laufen tatsächlich dem Ziel entgegen, den Verbrauch von fossilen Rohstoffen wie Öl, Kohle und Erdgas zu reduzieren. Investitionen in Energieeffizienz werden häufig aufgeschoben.

Kommt es doch dazu, gibt es mitunter Akzeptanzprobleme – etwa im Wohnungswesen: Mieter werden per Umlage zur Kasse gebeten, profitieren aber nicht im gleichen Maße von sinkenden Heiz- und Warmwasserkosten. Die Frage ist aber, ob die niedrigen Energiepreise von Dauer sein werden.

Wenn die lahmende Wirtschaft in China, Lateinamerika  und weiten Teilen Europas wieder Fahrt aufnimmt,  ist auch mit steigenden Ölpreisen zu rechnen. Dann würden sich auch Investitionen in Energiespar-Technologien finanziell noch mehr lohnen. „Der größte Öl- und Gassee ist der, den man nicht verbraucht“, sagte Gabriel.

Was hat die Wirtschaft von alldem?

Fachleute sind sich einig, dass Energieeffizienz-Programme auch der Konjunktur nützen: Wenn im großen Stil Häuser gedämmt oder Heizungsanlagen ausgetauscht werden, profitieren Handwerk, Bauzulieferer und Haustechnik-Hersteller. Das sichert und schafft Jobs –  zwar oft auch dort, wo die eigentlichen Arbeiten stattfinden.

Auch für Industrie-Unternehmen lohnt es sich häufig, mit gezielten Investitionen den eigenen Energiebedarf zu senken. Deutsche Energiespar-Technologien gelten bereits heute als Exportschlager.

Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch in Deutschland haben sich entkoppelt: Von 2008 bis 2014 sank hierzulande der Primärenergieverbrauch um acht Prozent. Energieeffizienz habe nichts mit Askese zu tun, sagte Gabriel am Donnerstag: Sie sei gut für Verbraucher, Arbeitnehmer und Unternehmen.