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Energieversorger RWE AG Energieversorger RWE AG: 6.750 Jobs in ganz Europa werden gestrichen

Von Frank-Thomas Wenzel 15.11.2013, 09:51
Als fortschrittlich verkauft sich der RWE-Konzern wie hier vor seiner Zentrale in Essen.
Als fortschrittlich verkauft sich der RWE-Konzern wie hier vor seiner Zentrale in Essen. dpa Lizenz

Essen/MZ - Die Reaktion der IG BCE fällt wütend aus: „RWE wirft mit Zahlen um sich, als befänden wir uns in einer Bingo-Spielhalle“, sagt Peter Hausmann, der im Vorstand der Gewerkschaft für Tarifpolitik zuständig ist. Unerträglich sei, wie auf den Nerven der Beschäftigten herumgetrampelt werde. Die Zahl, die Hausmann am Donnerstag am meisten genervt haben dürfte, ist 6.750. So viele Stellen will der Energieriese RWE europaweit von 2014 bis 2016 streichen - jede zehnte.

Zwar betont das Management, dass Jobs vor allem durch Altersteilzeit und Fluktuation – freigewordene Stellen werden nicht mehr besetzt – abgebaut werden sollen. Doch Entlassungen sind zumindest für die Jahre 2015 und 2016 offenbar kein Tabu mehr. Bis Ende nächsten Jahres gilt noch ein Vertrag, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Gewerkschafter und Betriebsräte möchten die Regelung verlängern. Doch das Management will nicht mitspielen.

Harte Verhandlungen erwartet

RWE müsse langfristig mit weniger Mitarbeitern auskommen, so die Ansage von Personalvorstand Uwe Tigges. Nimmt man bereits laufende Streichprogramme hinzu, soll die Belegschaft im Vergleich zu 2011 um insgesamt 13.000 Beschäftigte auf rund 60.000 schrumpften. Besonders in Deutschland müssen laut Tigges nun Stellen gestrichen werden. Allein in der Verwaltung des extrem komplexen Konzerns sollen mehr als 2.000 Arbeitsplätze wegfallen. 4.700 Jobs weniger sollen es insgesamt hierzulande werden. Da stehen extrem harte Verhandlungen an. Ab 11. Dezember wird über Beschäftigungssicherung diskutiert. „Niemand fällt ins Bergfreie – das ist unser Ziel, dafür werden wir kämpfen“, so IG-BCE-Funktionär Hausmann. Das Management will auch Nullrunden bei der Bezahlung heraushandeln. Das haben die Arbeitnehmervertreter bereits abgelehnt. Hausmann: „Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten die Zeche für eine verfehlte Konzernstrategie zu zahlen haben.“

Was er damit meint, lässt sich auch an einer Zahl ablesen. Auf 841 Millionen Euro ist der Betriebsgewinn bei der konventionellen Stromerzeugung in den ersten neun Monaten eingebrochen. Im Vorjahr war es noch dreimal so viel. Der Hauptgrund dafür ist der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht nur in Deutschland. In ganz Europa sind dadurch riesige Überkapazitäten entstanden. Das drückt die Strompreise. Wind- und Sonnenstrom müssen überdies bevorzugt in die Netze eingespeist werden, deshalb verdrängen sie die Energie, die mit dem Verbrennen von Gas und Kohle sowie mit der Atomkraft erzeugt werden.

Erneuerbare unterschätzt

RWE setzt aber genau auf diese Energiequellen. Der Konzern hat bereits reagiert und will mehrere Kraftwerke in Deutschland und in den Niederlanden einmotten.

Ähnlich wie den Essenern geht es dem Konkurrenten Eon und dem staatlich kontrollierten Konzern EnBW. Die Versorger stecken in einer strategischen Klemme. Sie gelten als Langweiler an der Börse, große Sprünge beim Aktienkurs sind nicht zu erwarten. Deshalb haben die Konzerne Anleger mit hohen Dividenden gelockt. Dazu zählen Pensionsfonds. Bei RWE halten Kommunen Anteile von mehr als 20 Prozent. Diese Aktionäre haben üppige Ausschüttungen mehr oder weniger fest eingeplant. Die hohen Dividenden-Versprechen führten zu einer Strategie, die etwas riskantere Investitionen in erneuerbare Energien scheute. Das schlägt jetzt zurück.