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Einspruch gegen Bußgeld lohnt nur manchmal

Von Katharina Klink 09.12.2004, 09:58

Hannover/dpa. - Wenn ein Strafzettel am Scheibenwischer klemmt oder es am Straßenrand verdächtig blitzt, ärgert sich jeder Autofahrer. Meist wird falsches Parken oder zu schnelles Fahren mit einer Geldbuße quittiert.

Doch manchmal werden Betroffene auch zu unrecht bestraft. Das ARD-Wirtschaftsmagazin «Plusminus» berichtete unlängst von massenhaft mangelhaften Bescheiden. Und egal wie der Sachverhalt liegt: Einspruch gegen ein Bußgeld kann in jedem Fall eingelegt werden. Nur die Erfolgsaussichten sind dabei verschieden.

Bußgelder gibt es für viele Ordnungswidrigkeiten: von der Ruhestörung über Schwarzarbeit bis zu Verkehrsdelikten. Das Verfahren, wenn der Beschuldigte ein Bußgeld nicht widerspruchslos zahlen will, ist jedoch immer gleich. Es startet mit einem Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung bei der Behörde, die das Bußgeld verhängt hat. «Dieser Einspruch wird dann geprüft», sagt der Rechtsanwalt Lars Kasulke aus Hannover.

Die Behörde verwirft den Einspruch als unzulässig, wenn er nicht rechtzeitig oder nicht wirksam eingelegt wurde. «Wenn der Einspruch zulässig ist, prüft die Verwaltungsbehörde, ob sie den Bescheid aufrechterhält oder zurücknimmt», so der Rechtsanwalt. Wenn die Behörde den Bescheid nicht zurücknimmt, übersendet sie die Akten über die Staatsanwaltschaft an das Amtsgericht.

Die meisten gerichtlichen Streitfälle um Ordnungswidrigkeiten stammen aus dem Straßenverkehr. Auf 95 Prozent schätzt der Rechtsanwalt Jörg Elsner aus Hagen den Anteil der Verkehrsbußgelder. «In den meisten Fällen geht es um ein drohendes Fahrverbot», sagt Elsner, der Mitglied des Vorstands der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein ist.

Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg zählte für das vergangene Jahr 3,68 Millionen Bußgeldentscheidungen, die von den zuständigen Ordnungsbehörden verhängt wurden. In den Jahren zuvor schwankte die Zahl zwischen 3,2 und 3,4 Millionen. Wie viele dieser Bußgelder bezahlt werden und gegen wie viele Entscheidungen ein Widerspruch eingelegt wird, ist allerdings nicht erfasst.

Das Verfahren bei einem Verkehrsbußgeld hat einige Besonderheiten: Wer beim zu schnellen Fahren geblitzt wurde, bekommt zunächst einen Anhörungsbogen. «Das ist die erste Möglichkeit des Betroffenen, zu sagen, dass er nicht der Beschuldigte ist», sagt Elsner. Verhängt die zuständige Behörde trotzdem ein Bußgeld, kann innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden.

Dann gelangt der Vorgang über die Staatsanwaltschaft zum Amtsgericht. «In dem folgenden Verfahren gibt es drei Möglichkeiten für den Betroffenen», sagt Anwalt Elsner. Einerseits könne nach Schwachstellen in dem Messverfahren des «Blitzers» gesucht werden. «Ein zweiter Punkt ist die Identität des Fahrers.» Beim Richter müssten Zweifel genährt werden, dass es sich bei dem Beschuldigten auch um den Fahrer handelt. Kommt es zu einem Rechtsstreit durch mehrere Instanzen, muss sogar ein Gutachter bemüht werden. «Die Anforderungen an eine Klärung sind hoch.»

Bei der dritten Möglichkeit gibt der Beschuldigte sein Vergehen zu. «Aber er argumentiert, dass ein Fahrverbot ihn in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht», sagt Elsner. Die unverhältnismäßig großen negativen Folgen müsse zum Beispiel der Arbeitgeber glaubhaft bestätigen.

Rund 75 bis 80 Prozent derjenigen Autofahrer, die zum ersten Mal in einem solchen Verfahren stecken, können Elsner zufolge einen Erfolg verbuchen: «Das bedeutet allerdings keinen Freispruch, sondern lediglich, dass ein Fahrverbot abgewendet werden kann.» In der Regel setze der Richter stattdessen ein Bußgeld fest, und der Betroffene verzichtet auf weitere Rechtsmittel.

Gezahlt werden müssen neben dem Bußgeld auch die Gerichtskosten - in der Regel rund zehn Prozent der Geldbuße - und das Honorar für den Anwalt, das laut Elsner meist zwischen 500 und 720 Euro liegt. Wegen eines einfachen Strafzettels lohnt sich allein deshalb der Aufwand kaum. «Außerdem wird jeder Richter im Zweifel einer Politesse mehr Glauben schenken als einem Autofahrer, wenn es zum Beispiel um das Falschparken geht», sagt Anwalt Kasulke.

Bei einem bereits belasteten Punktekonto in Flensburg kann ein Einspruch dagegen sinnvoll sein: «Dadurch wird der Eintrag weiterer Punkte hinausgezögert», sagt Elsner. Denn entscheidend sei nicht der Zeitpunkt der «Tat», sondern wann die Entscheidung rechtskräftig wird. Diese Verzögerung kann wegen der Verjährungsfristen wichtig sein: Denn nur wenn ein Fahrer zwei Jahre lang keine neuen Punkte sammelt, werden «alte» gelöscht.