1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Molkerei in Bad Bibra: DMK will Molkerei in Bad Bibra schließen

Molkerei in Bad Bibra DMK will Molkerei in Bad Bibra schließen

Von Steffen Höhne 29.06.2017, 18:38
Die Burgenlandkäserei Bad Bibra gehört zum Branchenriesen Deutsches Milchkontor.
Die Burgenlandkäserei Bad Bibra gehört zum Branchenriesen Deutsches Milchkontor. Speck

Halle/Bad Bibra - Seit 1918 wird in Bad Bibra Käse hergestellt. Im kommenden Jahr steht das 100. Jubiläum der Burgenlandkäserei an. Von den 106 Mitarbeitern zweifelte bisher wohl niemand daran, dass das gefeiert wird. Doch am Mittwoch änderte sich alles. Die Geschäftsführung des Mutterkonzerns DMK lud die Beschäftigten zu einer Betriebsversammlung ein, auf der verkündet wurde: Die Molkerei soll Anfang 2018 geschlossen werden.

Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), kam am Donnerstag mit Werkleiter, Betriebsrat und Beschäftigten zusammen. „In den Gesichtern standen Entsetzen und Tränen“, sagte er der MZ. Bei den Gesprächen sei deutlich geworden, dass der „Käse sehr gefragt ist und die Bestellbücher sind gefüllt“.

Das bestätigt auch die Gewerkschaft NGG. „Nach unseren Informationen ist das Werk gut ausgelastet“, sagt Gewerkschafterin Melanie Mörchen. Einige der dort produzierten Käsesorten würden auch an keinem anderen Standort produziert.

Molkereikonzern DMK will die Burgenlandkäserei in Bad Bibra schließen

Deutschlands größte Genossenschaftsmolkerei, die Deutsches Milchkontor GmbH (DMK), will wegen massiv sinkender Milchmengen mindestens zwei Werke schließen. Das betrifft neben Rimbeck (Nordrhein-Westfalen) auch Bad Bibra, teilte das Unternehmen mit. Hintergrund der geplanten Schließungen sind laut DMK Kündigungen von Milchbauern, die ihre Produktion an das Unternehmen geliefert haben. Dabei geht es in den kommenden zwei Jahren um 1,7 Milliarden Kilogramm (ein Liter = 1,02 kg) Milch. Bislang verarbeitete die Gruppe mit 7.200 Mitarbeitern jährlich 7,3 Milliarden Kilogramm an 20 Standorten.

Landwirt Jörg Kamprad, der zugleich Vize-Präsident des Landesbauernverbandes ist, bedauert die Entscheidung: „Damit fällt für die Milchviehhalter in der Region ein großer Abnehmer weg.“ Er sieht die Probleme bei DMK als hausgemacht an. „Die Großmolkerei ist bei ihrer Preisgestaltung viel zu unflexibel“, so Kamprad. Während der Milchkrise 2015/16 habe sie den Landwirten mitunter nur 20 Cent für das Kilogramm Milch ausgezahlt. Der Preis habe noch unter dem von Wettbewerbern gelegen. Aktuell seien es wieder 34 Cent.

Die Agrargenossenschaft Querfurt, die Kamprad führt, lieferte früher auch Milch nach Bad Bibra. 2009 schlüpfte der Käsebetrieb jedoch unter das Dach der Großmolkerei Humana, die später in der DMK aufging. „Damit war auch ein Verlust von unternehmerischer Selbstbestimmung verbunden“, so Kamprad. Neben bekannten Käsesorten wie Edamer und Gouda reifen in Bad Bibra auch Spezialitäten wie der Cagliata für verwöhnte Gaumen in Italien. Solche Spezialitäten machten bis vor ein paar Jahren den Erfolg der Molkerei aus.

Werksschließung in Bad Bibra: Besteht noch eine Chance?

Doch warum soll das Werk, das voll arbeitet, geschlossen werden? Milchbauern könnten auch zurückgewonnen werden. Branchenkenner sehen dafür zwei Gründe: Zum einen liegt die Molkerei logistisch ungünstig. Von den Autobahnen 4 und 9 benötigen Milchlaster über eine Stunde zum Standort. Zum anderen baut DMK eine Molkerei in Erfurt (Thüringen) aus. Da es ohnehin üblich geworden ist, Milch über längere Strecken zu transportieren, könnte Milch aus Sachsen-Anhalt künftig auch nach Erfurt geliefert werden.

Sachsen-Anhalts Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) bedauert die Schließung und rät den Landwirten zum Umstieg auf Biomilch-Produktion. „Die Milcherzeuger haben das Vertrauen in Deutschlands größte Genossenschaftsmolkerei verloren. Ich bin überzeugt: höherwertige Produkte, Direktvermarktung und Bioprodukte sind gute Alternativen für Landwirte“, so Dalbert.

Noch hat der DMK-Aufsichtsrat, in dem vor allem Landwirte sitzen, der Werksschließung in Bad Bibra nicht zugestimmt. Die NGG und Landrat Götz Ulrich wollen sich für den Erhalt des Standortes einsetzen. Laut Ulrich wäre denkbar, dass „wenigstens eine Teilproduktion erhalten bleibt - unter Nutzung der vorhandenen Milchmengen.“ Auch einen Eigentümerwechsel müsse man diskutieren. „Bei diesen Gesprächen hat mir Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Unterstützung der Landesregierung zugesagt“, so Ulrich. Die Gewerkschaft NGG will einen runden Tisch mit DMK-Führung, Arbeitnehmern, Bauernverband und Politik einrichten, um Lösungen für den Erhalt zu finden.

Die DMK-Führung könnte unter Umständen auch gesprächsbereit sein. Am Donnerstag kündigte Geschäftsführer Ingo Müller eine Erhöhung des Milchpreises um zwei Cent auf 36 Cent je Kilogramm an. Zudem sollen die Verträge zwischen Genossenschaft und Bauern flexibilisiert werden. „Wir werden um jeden Bauern kämpfen“, kündigte Müller an. Vielleicht überdenkt er auch die Werks-Schließung. (mz)