Discounter Discounter: Aldi-Nord investiert fünf Milliarden Euro - das erwartet Kunden

Berlin - Die Filialen von Aldi-Nord sollen für die Zukunft frischgemacht werden. Der Discounter will dafür weltweit rund fünf Milliarden Euro ausgeben. Wir erläutern, was die Kunden erwartet – nicht nur bei Aldi.
Was genau planen die Aldi-Manager?
Es soll sich um das größte Investitionsprojekt in der Geschichte des Unternehmens handeln, das in der Nordhälfte Deutschlands aktiv ist, das 12,7 Milliarden Euro im vorigen Jahr umsetzte, rund 2400 Filialen betreibt und mehrere Töchter im Ausland managt. Sämtliche Filialen im In- und Ausland sollen Medienberichten zufolge nun modernisiert werden. Schon seit mehreren Jahren werden die Verschönerungen an Pilotstandorten getestet, dieser Prozess ist nun offenbar abgeschlossen.
Was zeichnet die Filialen aus?
In einem Pilotmarkt in Herten (NRW) steht am Eingang eine Kaffeemaschine. Dort können sich die Kunden bedienen. Die Kaffeebecher können in einem Halter am Einkaufswagen gestellt werden, damit beide Hände beim Einkaufen frei sind. Im Übrigen zeichnet sich der Discountmarkt im Vergleich zu althergebrachten Aldi-Läden durch ein größeres Angebot an frischem Obst und Gemüse mit etwa 90 Produkten aus. Alles ist großzügiger und heller, die Gänge sich breiter und statt Kühltruhen gibt es große Kühlschränke mit Glastüren.
Verliert Aldi damit den puristischen Discounter-Charme?
Genau darum geht es. Die Filialen ähneln stark den Supermärkten mit Vollsortimenten von Rewe oder Edeka. Damit will sich Aldi hierzulande zuallererst von der Discounter-Konkurrenz Penny, Netto und Norma abheben und sich zugleich den großen Rewe- und Edeka-Filialen annähern. Da ist eine Reaktion darauf, dass die Vollsortimenter längst auch zahlreiche Billigprodukte im Angebot haben, aber auch Feinkost anbieten. Genau in diese Richtung bewegt sich Aldi. Immer mehr Markenartikel sind im Angebot.
Welcher Trend liegt dem zugrunde?
Supermärkte werden immer mehr zu „Erlebniswelten“ ausgebaut, so formulieren es Trendforscher. Es gibt nicht nur frisches Obst und Gemüse, sondern auch ein gastronomisches Angebot. Die Zahl der Öko- und Luxuswaren steigt. Allerdings soll bei Aldi das Sortiment mit insgesamt rund 2500 Artikeln recht überschaubar bleiben. Aber Marktforscher gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren der reinrassige Discount verschwinden wird.
Steckt der Discount in einer Krise?
Die Neuorientierung des Discounts ist bereits im vollen Gange. Aldi-Nord ist eher ein Nachzügler, der nun aber an den Rivalen vorbeiziehen will. Insgesamt jedenfalls haben die Discounter im ersten Quartal 2017 nach Erhebungen des Marktforschers GfK deutlich stärker als die klassischen Supermärkte zugelegt. Das soll sich nun bei Aldi Nord noch verstärken. Manager sprechen von Umsatzzuwächsen in der Höhe von zweistelligen Prozentzahlen – durch den Umbau der Filialen. Insider gehen davon aus, dass die Vollsortimenter nun darauf reagieren müssen: mit neuen Billigangeboten auch bei Markenware, einer weiteren Ausweitung der Sortimente und besseren Bistro-Angeboten. Der Kampf um Marktanteile dürfte sich verschärfen.
Welche Rolle spielen Online-Angebote?
Durch Online-Shoppen und Lieferdienste, wie etwa Amazon sie gerade massiv ausbaut, sind langfristig die größte Gefahr für den stationären Lebensmittelhandel – genau dagegen soll die Inszenierung des Einkaufserlebnisses gesetzt werden. Was sich wie durchsetzt, wird stark davon abhängen, wie gut es Amazon und anderen gelingt, digitale Assistenz-Programme durchzusetzen. Produkte zur Grundversorgung – vom Toilettenpapier bis zum Tafelwasser – werden dann automatisch geliefert, da der Algorithmus „weiß“, wann Milch und Mehl gebraucht werden.
Zurück zu Aldi-Nord: Wann startet die Modernisierung?
Im Herbst soll es losgehen. Allerdings berichten verschiedene Medien darüber, dass ein Teil der Eigentümer des Unternehmens noch nicht zugestimmt haben. Der Hintergrund: Seit Jahren tobt unter den Nachkommen des Aldi-Nord-Gründers Theo Albrecht ein Machtkampf. Seine Witwe Cilly und sein Sohn Theo junior sollen hinter dem Umbau-Projekt stehen.
Die Zustimmung von Babette Albrecht und ihre Kindern steht offenbar noch aus. Babette war mit Berthold Abrecht verheiratet, der 2012 gestorben ist. Berthold war der jüngere Bruder von Theo junior. Branchenkenner warnen: Sollten sich strategische Entscheidungen weiter verzögern, könnte Aldi-Nord im Kampf um Marktanteile zurückfallen.