Die richtige Krankenversicherung fürs Kind finden
München/Potsdam/dpa. - Ist der eine Elternteil privat versichert und der andere gesetzlich, haben Paare bei der Geburt ihres Kindes die Wahl: Sie können ihren Nachwuchs privat oder in der gesetzlichen Kasse versichern.
Wenn zum Beispiel ein Lehrer und eine Kauffrau ein Kind zusammen bekommen, stellt sich diese Frage. Selbst Experten sind allerdings uneins darüber, welches System mehr Vor- oder Nachteile hat.
Rein finanziell gesehen stellen sich Paare mit der Wahl für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) meist besser, sagt Heidemarie Krause-Böhm von der Verbraucherzentrale Bayern in München. Der Vorteil der GKV liege in der beitragsfreien Familienversicherung: «Kinder sind ohne Extrakosten mitversichert», erklärt Andrea Fabris von der Unabhängigen Patientenberatung in Potsdam. Unabhängig von der Anzahl sind die Kinder sogar bis zum Ende eines Studiums geschützt, wenn nicht bestimmte Ausschlussgründe dagegen sprechen.
In der Privaten Krankenversicherung (PKV) dagegen braucht jedes Kind seinen eigenen Vertrag, sagt Fabris. «Von Geburt an muss für jedes Kind ein Beitrag gezahlt werden. Der liegt je nach Versicherung bei 80 bis 130 Euro pro Monat und Kind», fügt Krause-Böhm hinzu. Das ist auf lange Sicht eine Menge Geld: Bis zum Abschluss von Studium oder Lehre können schnell 30 000 Euro pro Kind auflaufen. Die Verbraucherschützerin empfiehlt, die ganze Familie gesetzlich zu versichern und das Geld, das im Unterschied zur privaten Absicherung gespart wird, in Zusatzversicherungen zu stecken.
Mit solchen Extra-Verträgen lassen sich Schutz und Annehmlichkeiten hinzukaufen, die es sonst nur bei den privaten Anbietern gibt. Möglich sind Sondervereinbarungen zu Alternativen Heilmethoden, Ein- oder Zwei- statt Mehrbettzimmern im Krankenhaus sowie die Behandlung durch den Chefarzt, zählt Stefanie Kühn, Vorsorge-Expertin aus Grafing bei München, auf. Auch Brillen- und Zahnzusatzversicherungen gibt es.
Bei üblichen, häufigen Erkrankungen sind die Unterschiede den Experten zufolge gering: «Hat das Kind einen Schnupfen, sind die Systeme gleich», sagt Kühn. Wenn es ernst wird, zahle sich die PKV zum Beispiel in kürzeren Wartezeiten aus. Ein Mehr für Privatpatienten sei allerdings kein Automatismus. «Man ist in der Verantwortung, seinen Vertrag zu prüfen und den eigenen Bedürfnissen anzupassen.» Wie bei jeder anderen Versicherung müssen sich Patienten in der PKV «Tarifoptionen» aus dem Angebot herauspicken, die sie selbst für wichtig erachten. Kühn nennt das «Baukastensystem».
Den wichtigsten Vorteil der PKV für Kinder sieht Krause-Böhm in der gänzlich freien Arzt- und Krankenhauswahl: Spezialkliniken im gesamten Bundesgebiet ebenso wie reine Privatkliniken stünden nur Privatpatienten offen. Das verdeutlicht, worin die Systemunterschiede im Grundsatz bestehen: Die GKV sei Teil der Sozialversicherungen und müsse Schutz für viele bieten - die PKV sei dagegen eine klassische Versicherung: «Sie deckt das Risiko ab, krank zu werden.»
Entsprechend seien die Leistungen im Krankheitsfall bei der PKV zwar oft besser. «Allerdings sind die Leistungen mehr auf den Krankheitsfall beschränkt», fügt die Verbraucherschützerin hinzu. Bei Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen ist das Budget in der PKV begrenzt. Aus diesem Budget werde dafür aber je nach Vertrag etwa eine Augenuntersuchung bezahlt, die in der GKV aus dem Leistungskatalog herausgefallen ist.
Ähnliches gilt in Sachen Kieferorthopädie - für viele Kinder werden Leistungen in diesem Bereich häufig wichtig. «Die gesetzlichen Kassen übernehmen nur die Kosten für Standard-Spangen», sagt Krause-Böhm. «Die Privaten finanzieren auch die teureren, moderneren Systeme und speziellere Materialien.»
Literatur: Stefanie Kühn, Finanzratgeber für Eltern - Kinder richtig absichern, Vermögen aufbauen, Startchancen erhöhen. Redline Wirtschaft, ISBN-13: 978-3636014122, 19,90 Euro
Eltern können nicht gänzlich frei wählen, ob ein Kind privat oder gesetzlich krankenversichert wird. Maßgeblich sind die Versicherung und das Einkommen der Eltern: Sind beide Eltern in der GKV versichert, kommt das Kind automatisch auch in die gesetzliche, sagt Lilo Blunck vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Sind beide Eltern in der PKV versichert, muss auch das Kind privat versichert werden.
Ist nur ein Partner in der PKV versichert und der andere in der GKV, hänge die Versicherung des Kindes vom Einkommen ab. «Das Kind wird stets über den versichert, der mehr verdient», erklärt Blunck. Bei Alleinerziehenden oder nicht verheirateten Paaren richtet sich die Versicherung des Kindes nach der der Mutter.