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Deutsche Tochterfirma Deutsche Tochterfirma: Hyundai-Betriebsrat beklagt "Regime der Angst"

Von Stefan Sauer 06.03.2015, 15:52
Hyundai zeigt den neuen Tucson in Genf (04.03.2015).
Hyundai zeigt den neuen Tucson in Genf (04.03.2015). REUTERS Lizenz

Berlin - Die IG Metall wirft dem koreanische Autohersteller Hyundai die Verletzung von Arbeitnehmerrechten und massive Beeinträchtigungen der Betriebsratsarbeit vor. Die Leitung der Konzerntochter Hyundai Motor Europa Technical Center GmbH (HMETC) mit Sitz in Rüsselsheim gehe „mit aller Härte gegen die gewählten Vertreter der Beschäftigten vor“ und schrecke „dabei auch nicht vor persönlichen Angriffen zurück“, kritisiert der Darmstädter IG-Metall-Bevollmächtigte Jürgen Homburg.

Das Vorgehen des Unternehmens stelle eine „systematische Zermürbungsstrategie wie aus dem Lehrbuch des Betriebsratsmobbings“ dar. So sei dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden der HMETC unter fadenscheinigem Vorwand fristlos gekündigt, die Kündigung vom Arbeitsgericht Darmstadt aber wieder aufgehoben worden. Daraufhin erfolgten zwei weitere Kündigungen, die nun ebenfalls bei Gericht anhängig sind.

Die Liste der Vorwürfe, die die IG-Metall gegen die Hyundai-Konzerntochter mit 280 Mitarbeitern erhebt, ist lang: Mal seien Belegschaftsmitglieder unter Druck gesetzt worden, eine Unterschriftenliste gegen den amtierenden Betriebsrat zu unterzeichnen, mal habe sich die Unternehmensführung geweigert, den Betriebsrat für Fortbildungen frei zu stellen. Zudem sollen die Arbeitnehmervertreter keine Einsicht in Unterlagen über Wochenend-, Nacht- und Mehrarbeit der Beschäftigten erhalten haben. Auch seien Mitbestimmungsrechte missachtet und Informationen zur Vergütung einzelner Mitarbeiter zurück gehalten worden.

Bei Hyundai herrsche „ein regelrechtes Angstregime“, so Homburg. Auch die Bundeszentrale der Gewerkschaft zeigt sich alarmiert. IG-Metall-Vize Jörg Hofmann spricht von einem „klaren Bruch des Grundrechts auf freie gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb“.

Hyundai weist Vermittlungsangebot der OECD zurück

Offenbar sieht die deutsche Justiz dies ähnlich. Nicht nur die fristlose Kündigung des Betriebsratschefs wurde verworfen, auch in vier von fünf der insgesamt 70 anderen Verfahren, die Mitarbeiter angestrengt hatten, musste Hyundai in erster Instanz Niederlagen einstecken. Auch von den bisher zweitinstanzlich entschiedenen Verfahren konnte die Arbeitnehmerseite mehr als drei Viertel gewinnen.

Nun nimmt auch noch die OECD Anstoß am Vorgehen der Koreaner: Anscheinend herrsche unter den HMETC-Mitarbeitern die Sorge, dass an „gewerkschaftliche Tätigkeiten negative betriebliche Folgen geknüpft werden“, kritisiert die beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelte Nationale Kontaktstelle (NSK) der OECD in einer Erklärung, die dieser Zeitung vorliegt. Die NSK ist zuständig für die Überwachung der „OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen“ in Deutschland. In diesen Richtlinien, die arbeitsrechtliche, soziale und umweltbezogene Mindeststandards für weltweit agierende Konzerne formulieren, ist unmissverständlich das Recht auf freie Meinungsäußerung und gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb enthalten.

Im März 2014 hatte die IG Metall bei der OECD Beschwerde eingereicht, um die Koreaner zum Einhalten der Leitlinien zu veranlassen. Die NSK hatte daraufhin Vermittlungsgespräche angeboten, um eine „Grundlage für eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit“ zu schaffen. Während die IG Metall die Offerte umgehend annahm, wies Hyundai das Mediationsverfahren im November 2014 brüsk zurück: Die Beschwerde der IG Metall sei unzulässig, unbegründet und Teil einer internationalen Kampagne, um Hyundai in ein schlechtes Licht zu rücken.

In der NSK der OECD trifft der Konzern mit dieser Haltung auf Unverständnis. Man bedauere „nachdrücklich die Ablehnung des Mediationsangebots durch HMETC“, heißt es. Ein Vermittlungsverfahren setze allerdings voraus, dass alle Beteiligten nach Treu und Glauben handelten, mithin „von der Androhung beziehungsweise Durchführung von Repressalien gegen die am Verfahren beteiligten Parteien abgesehen“ werde.

Die HMETC teilte am Freitag auf Anfrage mit, Hyundai halte sich an Regeln und Richtlinien jeden Landes, in dem das Unternehmen tätig sei. Der derzeitige Betriebsrat unterstütze die Entscheidung der Unternehmensleitung, sich auf eine künftig enge Zusammenarbeit zu konzentrieren, weshalb ein Mediationsverfahren unnötig und das Beschwerdeverfahren somit beendet sei.