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Der digitale Zwilling Der digitale Zwilling: Hallesche Firma schafft virtuelle Ebenbilder von Autos

Von Walter Zöller 05.12.2019, 09:00
Ein Auto steht im Twinner Space. Es kann dort mit Sensoren und Kameras vollständig digital erfasst werden.
Ein Auto steht im Twinner Space. Es kann dort mit Sensoren und Kameras vollständig digital erfasst werden. Stefan Veres/Twinner GmbH

Halle/Dessau-Rosslau - Wie soll man Twinner Space beschreiben? Das Gerät erinnert mit viel Fantasie an eine riesige Mikrowelle, zumal sich darin eine drehbare Plattform befindet.

Mit noch mehr Fantasie könnte man an die Einfahrt einer Waschstraße denken. Schließlich sind es Autos, die durch ein großes Tor auf die Plattform rollen und sich dann langsam im Kreis bewegen.

Spätestens an dieser Stelle aber hinken die Vergleiche endgültig. Denn Twinner Space ist etwas ganz Neues: Mit Hilfe der Hightech-Box lässt sich von einem Auto ein „digitaler Zwilling“ herstellen. Ein Ebenbild, bei dem man vom Reifendruck bis zum Lack genau erkennen kann, in welchem äußeren Zustand das Fahrzeug ist.

Ein Blick auf den Bildschirm soll so unter anderem Kunden helfen, die einen Gebrauchtwagen kaufen wollen, oder Gutachtern, die den an einem Pkw entstandenen Schaden einschätzen müssen.

Sensoren und Kameras

Angesichts dieser Aussichten verwundert es nicht, dass die Jury des Hugo-Junkers-Preises - der wichtigsten Auszeichnung des Landes im Bereich Forschung und Innovation - auf die Firma aufmerksam wurde, die hinter Twinner Space steckt. Die in Halle ansässige Twinner GmbH erhielt am Mittwochabend bei einer Festveranstaltung im Dessauer Technikmuseum Hugo-Junkers einen der ersten Preise im diesjährigen Wettbewerb - als „innovativstes Projekt in den Bereichen Mobil und Logistik“.

„Schon beim Einfahren des Fahrzeugs in den Twinner Space werden die Profiltiefe der Reifen und der Unterboden mit vielen Sensoren und Kameras erfasst“, sagt Markus Hoffmann, Leiter des Produktmanagements bei Twinner. So geht es weiter. Mit Hilfe hoch entwickelter Scanner- und Kameratechnik wird der gesamte rotierende Wagen digital erfasst. Ein Sensorenfeld sorgt dafür, dass nichts übersehen wird. Eine Software samt Künstlicher Intelligenz macht daraus den virtuellen Zwilling.

„Wir können exakt erfassen, in welchem Zustand das Auto ist“, versichert Hoffmann. „Alle vorhandenen Schäden werden dokumentiert: der kaum sichtbare Kratzer an der Hintertür, der schlecht ausgebesserte Lackschaden oder die Mini-Delle am Kotflügel.“ Der digitale „Autoscan“ könne später im Internet abgerufen werden. So sei es für einen Käufer oder den Gutachter einer Versicherung möglich, sich ein authentisches Bild von einem Fahrzeug zu machen - ohne es vor Ort gesehen zu haben.

Was Hoffmann beschreibt, stellt sich auf einem Video von Twinner im Internet so dar: Ein zuvor durchleuchteter Pkw wird von allen Seiten präsentiert. Rote Punkte zeigen, dass die Felge vorne links einen Mangel hat, die Reifenprofiltiefe vorne rechts zu niedrig ist und sich auf der Motorhaube winzige Steinschläge befinden.

Sieben „Autoscanner“ seien derzeit im Einsatz - unter anderem in München, Hamburg und Halle. Wobei das Netz nach Angaben von Hoffmann rasch wesentlich dichter geknüpft werden soll. Zielgruppe seien „all diejenigen, die etwas mit Gebrauchtwagen zu tun haben: die großen Autokonzerne und Autohändler, aber auch Gutachterorganisationen, Logistikdienstleister“.

Hauptsitz verlegt

Twinner ist unter anderem aus dem Leipziger Sensoren- und Hardware-Hersteller API hervorgegangen, der von Jozsef Bugovics gegründet wurde. Als erfolgreicher Jungunternehmer sorgte er in Mitteldeutschland nach der Wende für einiges Aufsehen. Bugovics ist nun einer der Gesellschafter der Twinner GmbH.

Das Unternehmen hat nach Angaben von Marketing-Managerin Ines Parthier rund 200 Mitarbeiter, in Halle sind um die 50 beschäftigt. Von hier aus werde die Firma gesteuert, hier seien unter anderem die Personalabteilung, das Produktmanagement und der Vertrieb angesiedelt. Mitarbeiter in Leipzig entwickelten die Software weiter und stellten in Budapest die Hardware her.

Im Frühjahr hat die Twinner GmbH ihren Hauptsitz nach Halle verlegt. Natürlich hätten dabei die Fördermittel eine Rolle gespielt, die das Unternehmen von der Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt erhielt, sagt Hoffmann. Aber auch der Standort am Thüringer Bahnhof habe für den Umzug gesprochen. „In Leipzig sind uns nur ganz wenige solch attraktive Immobilien angeboten worden.“ (mz)

Wer im Internet auf diesem Bild rote Punkte anklickt, erfährt mehr über Beschädigungen an dem Wagen. Grüne Punkte zeigen Extras, blaue Punkte stehen für allgemeine Informationen.
Wer im Internet auf diesem Bild rote Punkte anklickt, erfährt mehr über Beschädigungen an dem Wagen. Grüne Punkte zeigen Extras, blaue Punkte stehen für allgemeine Informationen.
Twinner