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Minikameras in Autos Dashcam und Crashcam: Datenschützer empört - Experten raten zu Crashcams statt Dashcams

Von Ruth Herberg 17.05.2018, 15:23
Dashcams sind als Beweismittel nun zugelassen.
Dashcams sind als Beweismittel nun zugelassen. dpa

Berlin - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verwendung von kurzen Dashcamaufnahmen als Beweismittel vor Gericht zur Klärung von Verkehrsunfällen für zulässig erklärt. 

Trotzdem dürfen Aufnahmen bei einem Unfall vor Gericht in einem Zivilprozess als Beweismittel verwertet werden. Datenschützer befürchten eine drohende Dauerüberwachung.

Warum gibt es nach dem Dashcam-Urteil des Bundesgerichtshofs Diskussionen um den Datenschutz?

Bei der Debatte um den Einsatz kleiner Kameras im Auto treffen zwei unterschiedliche Interessen aufeinander: auf der einen Seite Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte der gefilmten Menschen und auf der anderen Seite der Wunsch von Autofahrern, nach einem Unfall die eigene Unschuld beweisen zu können. Der BGH hat nun klar gemacht, dass das permanente und anlasslose Filmen des Straßenverkehrs zwar illegal ist, weil es gegen das Datenschutzrecht verstößt. Trotzdem dürfen Aufnahmen bei einem Unfall vor Gericht in einem Zivilprozess als Beweismittel verwertet werden. Datenschützer befürchten eine drohende Dauerüberwachung.

Ist das Urteil also ein Freifahrtschein dafür, dass sich alle irgendwann permanent beim Autofahren filmen?

Nicht unbedingt, denn eine Minikamera, die aus dem Auto heraus filmt, kann durchaus Nachteile haben. Wer in einen Unfall verwickelt war, kann vielleicht seine Unschuld mit den Kameraaufnahmen beweisen. Gleichzeitig muss er dann aber zugeben, dass er den Straßenverkehr aus seinem Auto heraus gefilmt hat. Damit gewinnt er zwar vielleicht den Prozess um den Unfall. Zeichnet die Kamera aber dauerhaft auf, muss er sich gleichzeitig wegen des Verstoßes gegen das Datenschutz- und Persönlichkeitsrecht verantworten. Hinzu kommt, dass Dashcams nicht nur das Verhalten anderer, sondern auch das eigene Fahrverhalten – und damit potenzielle Straftaten im Straßenverkehr –aufnehmen. Auch dadurch kann eine Dashcam einem Autofahrer im Zweifelsfall eher schaden als nutzen.

Ab wann verstößt das Filmen mit einer Minikamera gegen den Datenschutz?

Klar ist – und das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil noch einmal deutlich gemacht – dass das permanente und grundlose Filmen ab der ersten Sekunde illegal ist. Alle weiteren Details sind aber offen geblieben und hängen von der Art der Kamera ab: Zeichnet sie permanent auf oder nur in bestimmten Situationen? Werden alle Aufnahmen gespeichert oder nur bestimmte Sequenzen?

Wie kann man dem Datenschutzproblem aus dem Weg gehen?

Der Auto Club Europa (ACE) empfiehlt Crash-Cams: Diese Kameras zeichnen nur ein Unfallgeschehen in einem geringen Zeitfenster dauerhaft auf. In allen anderen Fällen überschreibt sich die Speicherkarte permanent selbst. So soll der Vorwurf, dauerhaft die Straße zu filmen und damit gegen den Datenschutz zu verstoßen, aufgehoben werden – denn es wird ja nur das gefilmt, was zur Aufklärung des Unfalls erforderlich ist. Signale für einen Unfall sind zum Beispiel eine Vollbremsung oder ein Aufprall.

Wie könnte der Gesetzgeber Sicherheit in puncto Datenschutz schaffen?

Die deutsche Versicherungswirtschaft fordert einen verbindlichen datenschutzrechtlichen Rahmen für den Einsatz von Dashcams, auch der Verkehrsgerichtstag plädiert seit langem für eine klare gesetzliche Regelung. Nikolas Guggenberger, der am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster lehrt, empfiehlt das Verankern von Standards. So könnte sekundengenau festgelegt werden, ab welcher Sequenzlänge eine gespeicherte Aufnahme legal ist oder nicht.

Wie verbreitet sind die Minikameras überhaupt in Deutschland?

Rund 150.000 Dashcams sind nach Angaben des Digitalverbands Bitkom in den vergangenen drei Jahren bundesweit verkauft worden. Daneben lässt sich mit einer speziellen Halterung und einer App aber auch das Smartphone zu einer Art Dashcam umfunktionieren. Genaue Zahlen, auch zu Crash-Cams, gibt es nicht. Anders ist es beispielsweise in Russland, wo Schätzungen zufolge zwei Millionen Kameras im Einsatz sind. (mit dpa)