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Das Gesicht von Opel in Eisenach Das Gesicht von Opel in Eisenach: Betriebsrat Harald Lieske geht

Von Simone Rothe 27.06.2013, 11:04
Der Betriebsratschef der Opel Eisenach GmbH, Harald Lieske, vor dem Opel-Werk in Eisenach (Thüringen).
Der Betriebsratschef der Opel Eisenach GmbH, Harald Lieske, vor dem Opel-Werk in Eisenach (Thüringen). dpa/ARCHIV Lizenz

Eisenach/dpa. - Opel als Achterbahnfahrt - Betriebsratschef Harald Lieske hat sie erlebt. Fast ein Vierteljahrhundert hat er als Vertreter der Arbeitnehmer die Geschicke eines der größten Industrieunternehmen in Thüringen mitgeprägt. Wie kein anderer stand Lieske in der Öffentlichkeit für die Opel Eisenach GmbH: Mal vor Optimismus strotzend wie in den 1990er-Jahren, als die Autofabrik wegen der Milliardeninvestition des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) als Beispiel für den Aufbau Ost galt. Mal um Optimismus ringend, als die GM-Krise ihre Spuren auch in Eisenach hinterließ. Das ändert sich nun. Opel braucht ein neues Gesicht in Thüringen.

Ministerpräsidentin und Vorstandschef kommen zum Abschied

An diesem Freitag wird der Betriebsratsvorsitzende und Opel-Aufsichtsrat verabschiedet. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und Opel-Vorstandschef Karl-Thomas Neumann haben sich angesagt. Lieske spricht von „Freistellungsphase der Altersteilzeit“. Das Wort Ruhestand nimmt der 60-Jährige nicht in den Mund, auch wenn mit Bernd Lösche sein Nachfolger bereits gewählt ist. Lieske, so scheint es, geht nach Jahren voller Probleme mit Kurzarbeit, sinkenden Produktionszahlen und Stilllegungsspekulationen mit einem guten Gefühl.

„Opel Eisenach ist jetzt auf der sicheren Seite.“ Er begründet seine Zuversicht mit dem mühsam ausgehandelten Sanierungsprogramm für den angeschlagenen Rüsselsheimer Autobauer, das im März auch von der Belegschaft in Eisenach gebilligt wurde. „Der Vertrag gibt uns eine langfristige Sicherheit nicht nur mit der Standortgarantie bis 2016, sondern vor allem mit Produktionszusagen über 2020 hinaus.“ Die GM-Zusage, dass auch künftig zwei Modelle von den Montagebändern des Thüringer Werks rollen, wertet Lieske als großen Erfolg.

Lange Jahre war das Werk eine reine Corsa-Fabrik, deren Auslastung mit der Nachfrage nach dem in die Jahre gekommenen Kleinwagen stark schwankte. Seit Anfang 2013 wird zusätzlich der neue Stadtflitzer Adam gebaut, der als zweifarbiges Lifestyle-Auto bei jüngeren Leuten das verstaubte Opel-Image verwischen soll. „GM wird noch einiges für Eisenach tun. Das zeichnet sich derzeit ab“, sagt Lieske. Er verweist darauf, dass das vergleichsweise kleine Eisenacher Werk durch den Test neuer, schlanker Produktionsmethoden, die dann auch in anderen Werken angewandt wurden, einen guten Stand im GM-Konzern habe. „Das wird gewürdigt. Mir hat es gut getan, das zu hören“, sagt Lieske nach seiner letzten Sitzung als Aufsichtsratsmitglied der Adam Opel AG.

Höhen und Tiefen bei Opel

Der Mann, der als Arbeitnehmervertreter einen ruhigen, sachlichen Ton pflegt, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, der allgegenwärtigen Opel-Krise die Stirn zu bieten. „Die Schwierigkeiten begannen schon Ende der 90er-Jahre.“ Von Lieske war kaum Gepolter zu hören. Er verstand sich eher als Verhandler im Interesse der rund 1600 Beschäftigten, für die es um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze und Familien geht. „Mehr als zwei Jahrzehnte hat er als Betriebsratschef Höhen und Tiefen von Opel miterlebt und sich dabei zum Wohl der Beschäftigten immer für die Stärkung des Standortes Eisenach eingesetzt“, resümiert Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke).

Wie viele bei Opel kam Lieske vom Automobilwerk Eisenach (AWE), wo noch bis April 1991 das DDR-Mittelklasseauto Wartburg gebaut wurde. Er gehörte zu den ersten, die bei dem Rüsselsheimer Autokonzern eine Perspektive suchten. „Ich habe im September 1990 angefangen und gehörte zu den ersten 37, die Opel eingestellt hat.“ Nun muss er von Opel lassen - aber nicht von Autos.

„Ich werde mir erstmal eine Auszeit nehmen und dann aktiv im Automobilbaumuseum mitarbeiten“, erzählt Lieske. Das Museum auf dem ehemaligen AWE-Gelände dokumentiert mehr als 100 Jahre Automobilbautradition in Eisenach. Dazu gehört auch, dass BMW seine Autobau-Wurzeln in Eisenach hatte. Außerdem will sich der studierte Informatiker der Mathematik widmen - ein Gymnasium wolle ihn als Nachhilfelehrer. Ob als Museumsführer oder als Stadtratsmitglied - Lieske wird in Eisenach nicht von der Bildfläche verschwinden.