BGH-Urteil Bundesgerichtshof-Urteil: Bausparkassen dürfen keine Kontoführungsgebühren von Kunden erheben

Bausparkassen dürfen von ihren Kunden während der Darlehensphase keine Kontoführungsgebühren verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag in letzter Instanz entschieden. Mit dem Urteil setzte sich die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit einer Klage gegen die Bausparkasse Badenia durch, die eigenen Angaben zufolge bereits seit mehr als 50 Jahren solche Gebühren erhebt. Diese langjährige – und lange unbeanstandete – Praxis hatte die Bausparkasse als Argument für die Rechtmäßigkeit der Kontoführungsgebühr angeführt. Inhaltlich hatte das Institut die Gebühr mit „bauspartechnischer Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse“ begründet und in den Vorinstanzen Recht bekommen.
Dem folgte der XI. Zivilsenat des BGH am Dienstag nicht (Az. XI ZR 308/15). Die Kosten für Führung und Verwaltung der Konten dürften nicht auf die Kunden abgewälzt werden, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger. Denn an der Überwachung der Konten seien weniger die Kunden, als vielmehr die Bausparkassen als Kreditgeber interessiert. Mit der Gebühr weiche die Kasse vom gesetzlichen Leitbild eines Darlehensvertrags ab, wonach der Darlehensnehmer nur zur Zahlung der vereinbarten Zinsen nebst Tilgung des Darlehens verpflichtet ist.
Ähnlich hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen argumentiert: Bausparkassen müssten ihre Erträge über Zinsen erwirtschaften, nicht aber über zusätzliche Gebühren.
BGH-Urteil ist ein schwerer Schlag für Bausparkassen
Die Summe, um die es im konkreten Einzelfall ging, erscheint zunächst gering: Die Badenia, eine Tochter der italienischen Versicherungskonzerns Generali, verlangte pro Darlehenskonto eine Gebühr von 9,48 Euro im Jahr. Nach Angaben der klagenden Verbraucherzentrale sind die nun verworfenen Kontoführungsgebühren aber weit verbreitet und finden sich in den Geschäftsbedingungen vieler Bausparkassen, darunter auch das Branchenschwergewicht Wüstenrot.
Wie viele der insgesamt gut 28,6 Millionen Bausparverträge in Deutschland von dem Urteil tatsächlich betroffen sind, bleibt abzuwarten. Klar aber ist, dass das BGH-Urteil ein schwerer Schlag für die Bausparkassen ist. Ihr Geschäft ist seit Jahren rückläufig. Um die Jahrtausendwende hatte es noch mehr als 33 Millionen Bausparverträge gegeben, seither ging die Zahl um gut 13 Prozent zurück.
Auch die Gewinne der Unternehmen befinden sich im Sinkflug. Denn einerseits sind Zinserträge, die die Bausparkassen für ihre Darlehen erzielen, wegen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus deutlich gesunken. Auf der anderen Seite haben die Institute in früheren Jahren den Kunden in der Ansparphase vergleichsweise hohe Zinsen garantiert. Viele dieser Altverträge laufen noch.
Ähnliches Urteil bei Kreditkonten-Gebühren im Jahr 2011
Vor diesem Hintergrund tragen Kontoführungsgebühren mittlerweile in nennenswertem Umfang zum Geschäftsergebnis vieler Institute bei – auch für das der Badenia, wie ein Unternehmenssprecher am Dienstag betonte. Zwar nannten Vertreter der Bausparkasse das Urteil überraschend, aus heiterem Himmel erfolgte die Entscheidung aber keineswegs. Bereits 2011 hatte der BGH nämlich ein ganz ähnliches Urteil mit Blick auf Kreditkonten-Gebühren normaler Banken gefällt.
Seinerzeit hatte das Karlsruher Gericht Kontogebühren für Verbraucherdarlehen für unzulässig erklärt, mit einer sehr ähnlichen Begründung wie im aktuellen Fall: Die Banken führten solche Konten ausschließlich aus eigenem Interesse. Die Kunden hingegen hätten nichts davon und dürften daher nicht an den Kosten beteiligt werden. Auf Grundlage dieses Urteils hatten die Verbraucherschützer aus NRW gegen die Badenia eine Unterlassungsklage angestrengt.
Beim Bausparen lösen zwei unterschiedlichen Phasen einander ab: Zunächst zahlt der Kunde Geld bei der Bausparkasse ein und erhält dafür Zinsen. Ist ein bestimmter Anteil der zuvor vereinbarten Bausparsumme erreicht, kann der Kunde zusätzlich zu den angesparten Mitteln von der Bausparkasse einen Kredit zu einem im Vertrag festgelegten Zinssatz für Erwerb, Neubau oder Renovierung einer Immobilie in Anspruch nehmen. Vorteil für die Häuslebauer: Die Darlehenszinsen sind unabhängig von Schwankungen am Kapitalmarkt, in der Regel vergleichsweise günstig – und künftig auch frei von Gebühren.
Die Verbraucherzentrale Bremen rechnet damit, dass Kunden die Kontoführungsgebühren mindestens für die letzten drei Jahre zurückfordern kann.