BMW-Werk in Leipzig BMW-Werk in Leipzig: Öko von Wiege bis zur Bahre

Leipzig/MZ - Angefangen hat alles mit sieben Leuten. Im Jahr 2007 wurde eine Gruppe von Ingenieuren von der BMW-Führung beauftragt, sich damit zu beschäftigen, wie die Mobilität von morgen aussieht. Damit war das „Projekt i“ geboren. Ein Elektro-Auto sollte konzipiert werden. Im November 2010 reiste BMW-Chef Norbert Reithofer ins BMW-Werk nach Leipzig, um den Startschuss für den Bau eines serienreifen BMW mit Elektromotor und leichter Carbon-Karosse zu verkünden. Reithofer sagte damals: „Wir erfinden den Automobilbau neu.“ Nicht nur in der Autobranche rieben sich viele verwundert die Augen und fragten sich: Marketing-Coup oder Revolution?
Am Mittwoch nun öffnete BMW erstmals die neu gebauten Produktionshallen in Leipzig, in denen die neuen Elektro-Autos BMW i3 und i8 vom Band rollen sollen. 400 Millionen Euro wurden investiert, 800 neue Mitarbeiter eingestellt. Es entstand ein Werk im Werk. Bisher stellen 5.000 Beschäftigte in Leipzig drei 1er Modelle und den kleinen Geländewagen X1 her.
Während andere Autobauer versuchen, Elektromotoren in ihre bestehenden Modelle zu integrieren, hat BMW mit i3 und i8 vollkommen neue Fahrzeuge entwickelt. Das Zauberwort heißt Leichtbau. In den USA fertigt BMW mit Partnern sogenannte Carbonfasern, aus denen ein textiles Gelege entsteht.
Kein Lärm in der Produktion
In einem ersten Produktionsschritt werden diese flexiblen Gelege (Textilien), aus denen die Karosserie entsteht, geformt. Riesige Pressen, die Stahl stanzen, sind nicht mehr nötigt, erläutert Andreas Reinhardt, zuständig für die Carbon-Bearbeitung. Die geformten Stücke werden anschließend mit heißem Harz ausgespritzt. Die daraus entstehenden Teile seien um ein vielfaches leichter als Stahl, aber genauso stabil, sagt Reinhardt. Bisher wurde Carbon als Werkstoff im Flugzeugbau oder bei Rennautos in der Formel 1 eingesetzt.
Die Produktion verläuft weitgehend automatisiert: Ein Heer von Robotern fügt die Carbonteile zusammen und verklebt sie. Krach und Funkensprühen durch Schweißen sucht man in den Werk-Hallen mit Tageslicht ebenso vergebens wie Arbeiter am Band. Die BMW-Mitarbeiter stehen zumeist am Computer-Display und steuern fern. Dies sorgt nach Worten von i8-Direktor Carsten Breitfeld für eine hohe Effizienz: „Wir benötigen ein Drittel weniger Teile und nur die Hälfte der Produktionsfläche im Vergleich zum herkömmlichen Fahrzeugbau.“ Zwar sei der Werkstoff Carbon teurer als Stahl, die veränderte Fertigung würde dies aber kostenmäßig fast ausgleichen.
Die Gewichtseinsparung beim i3 von 250 bis 300 Kilogramm pro Auto ist nötig, denn der „Tank“ im Unterboden, eine Batterie, wiegt allein 230 Kilogramm. Diese versorgt einen kleinen Elektromotor im Heck mit Strom. Die Reichweite liegt bei 130 bis 160 Kilometern. Angst, dass das E-Auto ohne Saft liegenbleibt, müssen die Fahrer nicht haben. Die BMW-Ingenieure haben ebenfalls im Heck auch Platz für einen kleinen Verbrennungsmotor gelassen. Mit ihm kann die Kilometerleistung beliebig ausgeweitet werden. „Das bietet Sicherheit, ich bin aber überzeugt, dass die meisten Fahrer ihn nie benötigen werden“, sagt Breitfeld. Die durchschnittliche Tagesfahrstrecke eines Großstädters liege bei 40 Kilometern.
Windräder liefern Strom
BMW verfolgt beim i3 folgendes Ziel: Öko - von der Wiege bis zur Bahre. Für die neue Produktion in Leipzig wurden eigens vier 140 Meter hohe Windräder am Werk errichtet. Sie reichen aus, um den Strombedarf für die Herstellung zu decken. Wichtig für den Kunden dürfte aber vor allem die Öko-Bilanz des Fahrzeuges selbst sein. Nach Angaben von BMW liegt der Kohlendioxid-Ausstoß eines i3 bei der Hälfte des 1er BMW - vorausgesetzt er wird mit Ökostrom geladen. Und sollte das Fahrzeug irgendwann ausrangiert werden, so verspricht der Autobauer, dass 95 Prozent der Teile recycelbar sind.
BMW-Manager Breitfeld ist überzeugt, dass das E-Auto, das Ende 2013 auf den Markt kommt, viel Anklang finden wird: „Obwohl wir das Auto noch nicht vorgestellt haben, bekunden bereits viele Kunden Interesse.“ Man betrete zusammen Neuland. Ob da gute oder böse Überraschungen warten, werden die nächsten Monate zeigen.