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Bis zu 20.000 Euro fehlen Bis zu 20.000 Euro fehlen: Hat die Sparkasse Kunden zu wenig Zinsen gezahlt?

Von Steffen Höhne 10.12.2019, 10:00
Wer Geld anlegt, hofft darauf, dass es sich vermehrt.
Wer Geld anlegt, hofft darauf, dass es sich vermehrt. www.imago-images.de

Halle (Saale) - Tausende Sparkassen-Kunden in Sachsen-Anhalt haben nach Ansicht von Verbraucherschützern zu wenig Zinsen auf ihre langjährigen Sparverträge erhalten. Konkret gehe es um sogenannte „Prämienspar flexibel“-Verträge, sagt Finanzexpertin Yvonne Röhling von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt der MZ. Betroffen seien Kunden aller 13 Sparkassen im Land. Bundesweit sind es den Angaben zufolge 136 Sparkassen und Volksbanken. Die Sparkassen weisen die Vorwürfe zurück.

Nach Angaben Röhlings sind in den 90er und 2000er Jahren die Sparverträge in großem Umfang abgeschlossen worden. Sie bestünden zum einen aus einem variablen Grundzins, zum anderen aus einer Prämie, die kontinuierlich steige und nach 15 Jahren bis zu 50 Prozent des jährlichen Sparbetrags ausmachen kann.

Streit um Sparkassen: Wie wurden die Zinssätze angepasst?

„Wie die Anpassung des Zinssatzes erfolgt, wurde bei Verträgen in den 90ern teilweise gar nicht festgehalten, später wurden entsprechende Vertragsklauseln aufgenommen“, erläutert Röhling. Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt habe hunderte solcher Verträge unter die Lupe genommen. „Die Anpassungen der Institute sind jedoch nicht nachvollziehbar“, sagt Röhling.

Nach Berechnungen der Verbraucherschützer sind den Kunden im Schnitt Zinserlöse in Höhe von 3990 Euro verloren gegangen. „Bei einem uns vorliegenden Vertrag sind es sogar 21.660 Euro.“ Die Verbraucherschützer geben an, bei ihren Berechnungen einen Referenzzinssatz der Bundesbank angewendet zu haben. Zudem verweisen sie auf mehrere Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH), der beim Thema variable Zinssätze schon mehrmals betont hat, dass die Anpassung transparent erfolgen muss. Da die Marktzinsen in den vergangenen zehn Jahren deutlich gefallen sind, haben die Sparkassen die jährliche Zinszahlung in den Sparverträgen ebenfalls gekürzt. Inzwischen gehen die Zinsen nahe null.

Streit um Sparbücher: Sparkasse sieht sich im Recht

Auf MZ-Anfrage äußerte sich die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld: „Die variable Verzinsung wird regelmäßig nach festgelegten Zinsanpassungsklauseln überprüft und angepasst. Dabei orientiert sich die KSK Anhalt-Bitterfeld unter anderem an den veröffentlichten Zinssätzen der Deutschen Bundesbank. Die Zinsen werden insofern korrekt berechnet.“

Die ebenfalls betroffene Sparkasse Leipzig teilte mit: „Wir gehen davon aus, dass wir eine transparente, sachgerechte und den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügende Zinsanpassungsklausel umgesetzt und angewandt haben, die deshalb auch wirksam ist.“ Gegen das sächsische Institut läuft eine sogenannte Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen. „Verläuft die Klage erfolgreich, dann könnte das eine Signalwirkung für alle Sparkassen haben“, so Verbraucherschützerin Röhling.

Sparverträge bei der Sparkasse: Juristisches Tauziehen

Sparkassen und Verbraucherzentralen streiten gerichtlich bereits seit Jahren über die Prämienspar-Verträge. Anlass war, dass die Institute die lang laufenden Verträge mit hohen Bonuszahlungen massenhaft gekündigt haben. In den Verträgen war mitunter keine Vertragslaufzeit vereinbart worden. Die Sparkassen begründen die Kündigungen mit dem Niedrigzins-Niveau. Sie sehen sich nicht mehr in der Lage, die für die Kunden lukrativen Verträge zu erfüllen.

Im Mai 2019 entschied der BGH für die Sparkassen. Langjährige Prämiensparer müssen die Kündigung ihrer Altverträge hinnehmen, wenn sie die einmal vereinbarte Bonusstaffel ausgeschöpft haben. Die Richter sahen die Vertragskündigungen durch die Geldhäuser als gerechtfertigt an.

Streit um Sparkonten: Langer Rechtsstreit droht

Auch der Fall der variablen Zinssätze dürfte am Ende wohl vor dem BGH laden. Doch lassen es nicht alle Sparkassen darauf ankommen. Röhling berichtet davon, dass mehrere Institute mit betroffenen Kunden „bereits Vergleiche getroffen haben“. (mz)

Die Verbraucherzentrale macht am 17. Dezember um 16.30 Uhr in ihrer Beratungsstelle Halle, Steinbockgasse 1, eine kostenlose Info-Veranstaltung zum Thema Prämiensparen.