BGH-Urteil BGH-Urteil: Was Bausparer jetzt unbedingt wissen müssen

Nach dem Bausparkassenurteil des Bundesgerichtshofs vom Dienstag ist die Kündigung hochverzinster Bausparverträge unter bestimmten Bedingungen rechtens. Rund 250.000 solcher Altverträge hatten Bausparkassen wie Schwäbisch Hall und Wüstenrot in den vergangenen beiden Jahren bereits gekündigt.
Dabei wird es nicht bleiben. Weitere Kündigungen werden folgen, allein im Laufe dieses Jahres könnten nach Auskunft von Verbraucherschützern bis zu 60.000 Verträge betroffen sein. Bei zahlreichen Kunden hat das Urteil Verunsicherung ausgelöst. Die Berliner Zeitung beantwortet häufig gestellte Fragen.
Welche Verträge sind von dem Urteil betroffen?
Es handelt sich um Bausparverträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind. Die Zuteilungsreife tritt ein, wenn der Bausparer einen Teil der vereinbarten Bausparsumme – üblicherweise die Hälfte - angespart hat. Beispiel: Bei einer Bausparsumme von 100.000 Euro wird der Vertrag zuteilungsreif, sobald der Bausparer 50.000 Euro eingezahlt hat. Er kann sich dann ein Darlehen der Bausparkasse in Höhe weiterer 50.000 Euro zuteilen lassen, etwa um eine Wohnung zu kaufen oder ein Haus zu bauen. Muss er aber nicht. Er kann, und von dieser Möglichkeit machten hunderttausende Bausparer Gebrauch, auch weiter ansparen und so die mit der Bausparkasse bei Vertragsabschluss vereinbarten Zinsen kassieren. Dies geht, laut BGH, nun nur noch maximal zehn Jahre nach Zuteilungsreife. Verträge, die diese Frist überschreiten, dürfen von der Bausparkasse gekündigt werden. Auch Verträge, bei denen die gesamte Bausparsumme - im Beispiel 100.000 Euro – angespart wurde, sind kündbar.
Welche Verträge dürfen nicht gekündigt werden?
Noch nicht zuteilungsreife Verträge sind unkündbar, sofern keine Vertragsverletzungen seitens des Bausparers vorliegen. Auch Bausparverträge, die noch keine zehn Jahre zuteilungsreif sind, dürfen von den Bausparkassen nicht gekündigt werden. Der BGH leitet das Kündigungsrecht nämlich aus einem Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches ab (§489, Abs1,2 BGB). Dieser billigt einem Darlehensnehmer nach zehn Jahren ein Kündigungsrecht zu, nicht aber vorher. Die Bauparkassen gelten laut BGH als Darlehensnehmer, denn in der Ansparphase erhalten sie von Ihren Kunden Geld, um damit zu arbeiten. Wie man sich gegen ungerechtfertigte Kündigungen zur Wehr setzen kann, zeigt die Verbraucherzentrale Hamburg in einer Broschüre, die gegen eine Gebühr von 5 Euro heruntergeladen werden kann (http://www.vzhh.de/baufinanzierung/405664/bausparvertrag-gekuendigt.aspx).
Warum wollen die Bausparkassen alte Verträge überhaupt kündigen?
In den 80er und 90er Jahren waren die Darlehens- und die Anlagezinsen vergleichsweise hoch. Bausparkassen warben damit, ihren Kunden nach Zuteilungsreife des Vertrages entweder ein zinsgünstiges Darlehen zum Immobilienerwerb oder aber eine sicher (wenn auch nicht hoch) verzinste Geldanlageform zur Verfügung zu stellen. Damals waren Zinszusagen zwischen zwei und vier Prozent üblich. In der anhaltenden Niedrigzinsphase funktioniert dieses Geschäftsmodell nicht mehr: Auf der einen Seite lassen Kunden ihre Gelder so lange wie möglich bei den Bausparkassen zu hohen Zinsen aus vergangenen Tagen liegen. Auf der anderen Seite nimmt kaum jemand die Darlehen in Anspruch, die einst zwar günstig, vergleichen mit heutigen Zinsen aber unattraktiv sind. Daher werden die Bausparkassen nun alle ihnen höchstrichterlich zugestandenen Möglichkeiten nutzen, Altverträge aufzukündigen.