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Belantis Belantis bei Leipzig: So soll der sächsische Freizeitpark weiter wachsen

Von Steffen Höhne 16.04.2014, 19:15
Vor dem Saisonstart in Belantis wird auch das Maskottchen „Buddel“ herausgeputzt. Der Maulwurf bekommt neue Farbe ab.
Vor dem Saisonstart in Belantis wird auch das Maskottchen „Buddel“ herausgeputzt. Der Maulwurf bekommt neue Farbe ab. Andreas Stedtler Lizenz

Leipzig - „Die müssen Sie sich unbedingt anschauen“, sagt Erwin Linnenbach. „Huracanito.“ Der Manager zeigt auf die eher unscheinbare Mini-Achterbahn. „Das ist Fahrspaß für die Kleinsten“, erzählt er. „Kinder ab drei Jahren können damit ohne Mama und Papa fahren. Wahrscheinlich wollen sie da gar nicht mehr aussteigen.“ Linnenbach ist nicht zu stoppen, wenn er über das neue Fahrgerät des Freizeitparks Belantis spricht. Der ehemalige Radio-Mann versteht es zu begeistern, kann auch kleine Dinge groß rausbringen.

Erwin Linnenbach, 53 Jahre alt, sportliche Figur, volle Haare, blitzende Augen wie ein Schuljunge. Seit April führt er die Geschäfte von Ostdeutschlands größtem Freizeitpark. Nach eigenen Worten sieht er sich als „Entwickler“ - also kein Mann fürs Klein-Klein. Anfang der 1990er Jahre baute er in Sachsen die Radiosender PSR und RSA auf und wurde später Geschäftsführer und kleiner Anteilseigner der Radiocast-Gruppe mit Dutzenden Sender- und Unternehmensbeteiligungen. Zur Jahrtausendwende war er für diese auch federführend am Aufbau des Freizeitparks beteiligt. Als „Sachsens wichtigster Radio-Manager“ („Bild“) im Sommer 2012 seinen Job an den Nagel hängte, ist die Verwunderung zunächst groß gewesen. Auf eigene Rechnung stockte Linnenbach damals seine Anteile am Freizeitpark von knapp fünf auf über 50 Prozent auf. „Ich wollte in meinem Berufsleben noch etwas anders machen als Radio“, sagt er. Den Neustart als Unternehmer begann er zunächst aber mit einer langen Wanderung. In 22 Tagen lief er den 533 Kilometer langen Frankenweg ab, vom Rennsteig zur Schwäbischen Alb.

Belantis hat Konkurrenz durch den Zoo

Dass der adrenalingeladene Linnenbach als Belantis-Eigentümer nur im Hintergrund die Fäden zieht, hielten viele für schwer vorstellbar. Nun übernimmt er auch als Geschäftsführer das Ruder.

In dem 2003 eröffneten Freizeitpark lief es in den vergangenen zwei Jahren nicht unbedingt rund. Zwar ist die jährliche Besucherzahl mit mehr als 500.000 sehr ordentlich. Doch laut Geschäftsbericht waren 2012 nur 278.000 zahlende Besucher darunter. Kinder, die kleiner als 1,10 Meter sind, haben freien Eintritt. Zudem werden in Aktionen Freikarten vergeben. Auch große Feiern von Firmen, die in Belantis stattfinden, zählen gesondert.

Belantis 2012: Verlust in Höhe von 450.000 Euro

Unter dem Strich fiel 2012 sogar ein Verlust von 450.000 Euro an. „2012 war ein Ausreißerjahr. Wir hatten Pech mit dem Wetter“, erklärt der Belantis-Chef. Zudem sei im Leipziger Zoo die Riesentropenhalle Gondwanaland eröffnet worden, die Besucher gekostet hat. Mehr als 60 Millionen Euro investierten Stadt, Freistaat und Zoo in das Projekt. Dies ist in etwa auch die Summe, die bisher insgesamt in Belantis verbaut wurde. „Ich erwarte, dass unsere Umsätze und Besucherzahlen in den nächsten Jahren nach oben gehen werden“, sagt Linnenbach. Im vergangenen Jahr habe man operativ wieder Gewinne geschrieben.

In die größeren deutschen Freizeitparks kamen im vergangenen Jahr knapp 32 Millionen Besucher. Nach Angaben des Verbandes Deutscher Freizeitparks ist das Geschäft stark von der Witterung abhängig. Dennoch zeichnet sich ein positiver Trend ab. Im Jahr 2005 lockten die Parks erst 27,1 Millionen Gäste. Der Europa-Park in Rust ist der größte deutsche Freizeitpark. Disneyland Resort Paris führt mit etwa elf Millionen Gästen die Spitze in Europa an. Im Vergleich zu Amerika ist Deutschland noch immer ein Entwicklungsland, was Vergnügungsparks angeht. Allein die Disney-Resorts in der Nähe von Orlando (Florida) zählen jedes Jahr etwa 50 Millionen Besucher.

Der Freizeitpark Belantis startet zum Ostersamstag in die neue Saison. Neben einer Mini-Achterbahn für Kleinkinder gibt es einen Parcours mit echten Mini-Autos und eine nostalgische Western-Eisenbahn neu im Programm. Geöffnet ist von 10 bis 18 Uhr. Der Eintrittspreis ist nach Körpergröße gestaffelt: Jugendliche und Erwachsene zahlen ab 1,45 Metern 27,90 Euro. Kinder mit 1,11 bis 1,45 Meter Größe 25,90 Euro. Wer kleiner ist, hat freien Eintritt. Zudem gibt es Sondereintrittspreise etwa für ein Familienticket.

Belantis ist der jüngste der großen deutschen Freizeitparks. Im ehemaligen Tagebaugebiet im Süden Leipzigs liegt er eingebettet in der neu entstehenden Seenlandschaft. Das Konzept ist eine Reise durch „Raum und Zeit“. So können die Besucher im „Tal der Pharaonen“ Europas größte Pyramide samt Wildwasserrutsche besuchen oder im „Land der Grafen“ einen „Drachenflug“ auf einem Höhenflugturm absolvieren. Die größte Attraktion ist sicher der rote Stahlriese „Huracan“, eine im Jahr 2010 errichtete Achterbahn. „Fünf bis sechs Stunden verbringen die Gäste im Schnitt bei uns“, sagt Linnenbach.

Gute Noten erhält Belantis vom Verein „Freizeitpark-Tester Team“ aus Ihrlerstein (Bayern): „Kritikpunkte zu finden, ist uns in Belantis wirklich schwer gefallen, sehr schönes Parkdesign mit schönen Hauptattraktionen, eine sehr gute und dabei recht günstige Gastronomie, tadellose sanitäre Anlagen und herausragend freundliche Mitarbeiter“, schreiben die unabhängigen Tester. Im Sommer habe der Leipziger Freizeitpark derzeit das Problem, dass die gepflanzten Bäume noch nicht groß genug sind, um ausreichend Schatten zu spenden.

Doch warum tut sich Belantis dann schwer, seine Besucherzahlen zu steigern? „Die neue Seenlandschaft ist keine traditionelle Tourismusregion“, sagt Linnenbach. Es benötige Zeit, die Menschen zu überzeugen. Bisher kommen etwa 40 Prozent der Besucher aus Sachsen, je 15 Prozent aus Sachsen-Anhalt und Thüringen. Freizeitparks wie der Hansa-Park in Sierksdorf (Schleswig-Holstein) würden vor allem von Ostsee-Urlaubern besucht.

Linnenbach, der auf dem Cospudener See segelt und sich Bezirksligaspiele des VfB Zwenkau 02 anschaut, ist fest vom Standort überzeugt. In unmittelbarer Nachbarschaft von Belantis, am Zwenkauer See, plant ein Investor derzeit eine große Hotel- und Ferienanlage. Linnenbach will mit dem Betreibern kooperieren und hofft so, viele neue Gäste zu gewinnen.

Einfach wird das Geschäft dennoch wohl nie. „Die Konkurrenz zwischen den Freizeitparks ist enorm“, sagt Klaus-Michael Machens, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Freizeitparks. „Die Firmen stehen unter hohem Investitionsdruck. Damit Besucher auch mehrmals kommen, müssen ständig neue Attraktionen geboten werden.“ Machens drückt dies so aus: „Auch einen Film, der einem sehr gut gefällt, schaut man sich höchstens ein paar Mal an.“

Auch zu Kärrnerarbeit bereit

Dies weiß Linnenbach. Die Jugendlichen seien „die teuersten Gäste“, sagt der Vater von drei Kindern. Um sie zu gewinnen, seien teure technische Highlights wie Achterbahnen nötig. Große Freizeitparks im Westen, die seit Jahrzehnten gewachsen sind, haben bisher größere finanzielle Kraft, dies zu stemmen. Das Freizeitpark-Tester Team hält Belantis vor allem für Familien mit Kindern bis 14 Jahre für sehr attraktiv.

Doch den Kampf um mehr Jugendliche will Linnenbach keineswegs aufgeben. „Mit jährlich 100.000 Besuchern mehr haben wir die Luft, auch größere Investitionen zu tätigen.“ Schließlich sei erst knapp ein Viertel des Geländes von 112 Hektar genutzt.

Linnenbach hat sein Vermögen in den Park gesteckt. Ein Scheitern kann er sich nicht leisten. Der gebürtige Saarländer sagt von sich, er sei mit „Leib und Seele Leipziger geworden“. In der Messestadt will er etwas bewegen. Und für den Erfolg ist der „Entwickler“ auch zu Kärrnerarbeit bereit. Vergangene Woche habe es einen „Subbotnik“ gegeben, erzählt er. Einen Tag strich der Unternehmer mit seinen Mitarbeitern Wände im Freizeitpark. Ein Pflaster auf seiner Hand bezeugt dies noch. Zur Eröffnung am Samstag soll der Park glänzen. Und spielt das Wetter mit, dann wird zu Ostern die Mini-Achterbahn „Huracanito“ nicht nur Linnenbach begeistern. (mz)

Belantis-Chef und Eigner Erwin Linnenbach steht unter der großen Achterbahn „Huracan“. Sie lockt viele Besucher in den Freizeitpark.
Belantis-Chef und Eigner Erwin Linnenbach steht unter der großen Achterbahn „Huracan“. Sie lockt viele Besucher in den Freizeitpark.
Andreas Stedtler Lizenz
Blick auf den Eingang des Freizeitparks
Blick auf den Eingang des Freizeitparks
dpa Lizenz