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Badenia unterliegt vor Gericht Badenia unterliegt vor Gericht: Bauspar-Kündigung nach 15 Jahren unzulässig

Von Stefan Sauer 01.09.2017, 13:57
Das BGH-Urteil lässt viele Bausparer verunsichert zurück.
Das BGH-Urteil lässt viele Bausparer verunsichert zurück. dpa

Karlsruhe - Bausparverträge sind an sich einfach konstruiert: In der ersten Phase spart der Kunde eine vorher vereinbarte Summe an.  Das wachsende Guthaben wird verzinst. Ist die Summe erreicht, wird der Bausparvertrag zuteilungsreif. Von diesem Moment an kann der Kunde bei der Bausparkasse ein Darlehen zu einem ebenfalls fest vereinbarten Zinssatz abrufen, um so Kauf, Renovierung oder Neubau einer Immobilie zu finanzieren. Allerdings dehnen nicht wenige Bausparer die Ansparphase so lange wie möglich aus, um von den einst vereinbarten hohen Guthabenzinsen zu profitieren.

Dies ist einem Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom Freitag zunächst auch weiterhin möglich. Das Landgericht gab einer Klage statt, die die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen eine neue Kündigungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Bausparkasse Badenia  eingereicht hatte. Mit der nur in Neuverträgen enthaltenen Klausel wäre es dem Unternehmen möglich gewesen, 15 Jahre nach Abschluss sämtliche Verträge zu kündigen, für die noch kein Darlehen beantragt wurde – darunter auch nicht zuteilungsreife Verträge.

Benachteiligung der Verbraucher

Diese Kündigungsklausel stellt nach Ansicht des Gerichts eine unzulässige Benachteiligung der Verbraucher dar – allerdings nur in ihrer konkreten Ausgestaltung. So ermöglichten die Badenia-AGB selbst dann eine Kündigung, wenn die Kunden nach der ersten Benachrichtigung über die bevorstehende Kündigung noch rasch einen Darlehensantrag stellten. Auch andere Fallkonstellationen führten zu erheblichen Nachteilen für die Kunden. In vorliegender Form sei die Kündigungsklausel daher nicht zulässig. Grundsätzlich räumte das Landgericht  der Bausparkasse aber durchaus die Möglichkeit ein, zusätzliche Kündigungsrechte in ihre AGB aufzunehmen.

Dieser Hinweis ist bedeutsam, weil auch die Landesbausparkasse (LBS) Südwest und der Verband der Privaten Bausparkassen in ihre Verträge eine ähnliche AGB-Bestimmung eingefügt haben, die ebenfalls beklagt werden. Mit dem Urteil vom Freitag ist der Rechtsstreit also keineswegs  beendet. Vor den Landgerichten Berlin und Stuttgart sind weitere Verfahren anhängig. Dort haben die Prozessbeteiligten bereits angedeutet, den Instanzenweg ausschöpfen zu wollen.

Am Ende wird also vermutlich der Bundesgerichtshof (BGH) über die Rechtsmäßigkeit der Kündigungsklauseln entscheiden. Damit würde die Serie der BGH-Urteile, in denen sich Bausparkassen, Kunden und Verbraucherschützer in den vergangenen Monaten gegenüber standen, um eine weitere Episode ergänzt eine Fortsetzung. So hatte der der BGH im November 2016 Darlehensgebühren, die Bausparkassen von ihren Kunden einzogen, für unzulässig erklärt. Im Mai 2017 kippte das Gericht auch noch die Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten der  Bausparkassen.

Das einzige Urteil zugunsten der Bausparkassen aus jüngerer Zeit fällte der XI. Zivilsenat des BGH im Februar 2017: Danach dürfen Bausparkassen Altverträge kündigen, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, ohne dass die Bausparkredit in Anspruch genommen wurde. Mit dem aktuellen Landgerichtsurteil ist der Versuch der Bausparkassen, diese Kündigungsmöglichkeiten noch  auszuweiten,  gescheitert. Vorerst wenigstens.