Backwaren von Wikana Backwaren von Wikana: Bio als Erfolgsrezept

Wittenberg - Fein sortiert liegen die kleinen Kekse mit Tigermotiv auf dem Band. In nur sieben Minuten wurden sie in einem 40 Meter langen Ofen gebacken. Yvonne Böhm nimmt einen in die Hand. „Sind Sie zufrieden?“, fragt die Wikana-Chefin. Produktentwicklerin Ute Abraham neben ihr nickt: „Den Kokos schmeckt man gut heraus.“
Jeder Deutsche isst im Jahr rund 23 Kilogramm Süßwaren. Dafür gibt er im Schnitt 106 Euro aus. Auf Feine Backwaren, wozu auch Kekse zählen, entfallen 7,22 Kilogramm. Der Konsum der Deutschen ist im vergangenen Jahr allerdings rückläufig gewesen. Das bekommen die deutschen Hersteller zu spüren. Der Umsatz der Süßwaren-Unternehmen ging im Vergleich zu 2013 um drei Prozent auf insgesamt 12,26 Milliarden Euro zurück, teilte der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie in Bonn mit. Um die Auslastung der Produktionsanlagen zu sichern, setzen viele Unternehmen auf den Export ihrer Waren. Inzwischen wird jede zweite in Deutschland produzierte Süßigkeit im Ausland verkauft. Vor allem Schokolade wird ausgeführt. Die Exporte stiegen im Jahr 2014 um satte elf Prozent. Insgesamt beschäftigt die Branche rund 50.000 Mitarbeiter.
Der Butterkeks ist ein Testlauf für einen Kunden. Gefällt dem Abnehmer das Gebäck, geht es in Serie. Zehn bis zwölf neue Produkte bringt das Unternehmen aus Wittenberg im Jahr heraus. Wikana ist einer der letzten großen, eigenständigen Keks-Hersteller in den neuen Ländern. Und gegen den Trend der Branche wächst die Traditionsfirma von Jahr zu Jahr.
Eine lukrative Nische
Böhms Erfolgsrezept heißt Biokost. Bereits Ende der 90er Jahre entwickelte ihr Vater, Wolfgang Fischer, die ersten Bio-Kekse. Der Markt war damals noch winzig, doch für die Wittenberger eine lukrative Nische. Gebacken wird vor allem mit Dinkelmehl und wenig Zucker. Alle Rohstoffe werden, soweit es geht, aus der Region bezogen. Die ersten Abnehmer waren zunächst kleine Bioläden. Dann kamen unter anderem die Bio-Kette Alnatura und große deutsche Einzelhändler hinzu.
„Wir entwickeln zusammen mit den Abnehmern die Produkte und verkaufen sie unter deren Namen“, erklärt Böhm. Kurz: Dort wo etwa Alnatura draufsteht, kann Wikana drin sein. Solche Kooperationen zwischen Herstellern und Handel gibt es immer häufiger. Die Produktion von sogenannten Handelsmarken für Supermarkt-Ketten verspricht zwar viel Absatz und Umsatz, die Profite sind allerdings häufig dürftig.
Partnerschaftliches Verhältnis zu Abnehmern
Nach Worten von Böhm verhält sich dies im Bio-Segment anders. „Wir haben zu unseren Abnehmern ein sehr partnerschaftliches Verhältnis“, sagt die Geschäftsführerin. So besitze beispielsweise Alnatura eine lange Erfahrung im Bio-Segment und dessen Ausbau. „Wir können von solchen Partnern viel lernen“, sagt sie.
Die Produktion von Bio-Keksen hat sich inzwischen zum stärksten Standbein von Wikana entwickelt. Knapp 60 Prozent des Umsatzes von 16,6 Millionen Euro im Jahr 2014 entfiel auf das Segment. Möglich ist diese Entwicklung, da der gesamte Biomarkt kontinuierlich wächst. Im vergangenen Jahr wurden im deutschen Handel Bio-Waren im Wert von 8,5 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist ein Plus von acht Prozent zum Vorjahr. „Da immer mehr Verbraucher auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung achten, wird sich dieser Trend fortsetzen“, glaubt Böhm. Der Bio-Anteil am gesamten Lebensmittel-Handel beträgt erst 4,3 Prozent.
Kleiner Snack für zwischendurch
Bei den herkömmlichen Backwaren werden die meisten Produkte unter der Marke „Wikana“ verkauft. Die schon in der DDR hergestellten „Othello Kekse“ (Schoko-Keks) und der runde Butterkeks sind noch heute die gefragtesten Backwaren im Sortiment. „Die Verbraucher mögen Kekse zum Kaffee oder als kleinen Snack für zwischendurch“, erläutert Böhm. Die Marke „Wikana“ besitze in den neuen Ländern weiter eine hohe Bekanntheit. Das hilft, um gegen die Großen der Branche wie Bahlsen und De Beukelaer zu bestehen.
Produziert wird in der ehemaligen „Kant Schokoladenfabrik“, die 1906 eröffnete. In dem sechsgeschossigen Backsteinbau waren in der DDR bis zu 500 Mitarbeiter tätig. Wikana war damals der zweitgrößte Keksproduzenten im Land. Nach der Wende rettete Böhms Vater das Unternehmen vor dem Aus. Mit zwölf Mitarbeitern startete er neu.
Hochbetrieb im gesamten Gebäude
Heute herrscht im gesamten Gebäude wieder Hochbetrieb. 120 Mitarbeiter produzieren auf neun Back-Linien. Eine weitere wird installiert. „Im vergangenen Jahr konnten wir die Nachfrage kaum bewältigen“, sagt Böhm. Daher wurde auch eine dritte Schicht eingeführt. Das heißt, bei Wikana wird nun rund um die Uhr produziert.
Unternehmerin Böhm setzt auf Expansion und hat bereits die nächste, erfolgsversprechende Nische im Blick. Seit Anfang des Jahres bietet das Unternehmen einen Doppelkeks mit Schokolade und einen Kakau-Keks vegan an. Das heißt, es wird auf tierische Zutaten wie etwa Butter verzichtet. „Die Umsätze bei diesen beiden Produkten sind regelrecht nach oben geschnellt“, so die Geschäftsführerin. Gerade in Großstädten wie Berlin oder Leipzig ernähren sich immer mehr junge Menschen vegan. „Ich selbst habe dies auch probiert und es hat mir gesundheitlich gut getan“, sagt Böhm. Künftig soll dieser Ernährungstrend auch die Bilanzen ihres Unternehmens stärken. (mz)