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Ausblick 2015 Ausblick 2015: Die Zinswende steht bevor - aber nur in den USA

Von Markus Sievers 01.01.2015, 13:42
Sparer, die auf eine Zinswende im Jahr 2015 gehofft hatten, werden wohl enttäuscht - zumindest in Europa. (Symbolbild)
Sparer, die auf eine Zinswende im Jahr 2015 gehofft hatten, werden wohl enttäuscht - zumindest in Europa. (Symbolbild) dpa Lizenz

Lange haben die Sparer weltweit darauf gewartet. 2015 wird sie kommen, die ersehnte Zinswende. Allerdings nur in den Vereinigten Staaten. Dies ist unter allen Prognosen für das noch junge Jahr wohl die sicherste. Fast ein Jahrzehnt lang hat die US-Notenbank Fed, die wichtigste Notenbank der Welt,  ihre Leitzinsen nicht mehr erhöht – zum letzten Mal am 29. Juni 2006. Dieses Zeitalter, in der die Geldpolitik ihren Kurs immer weiter lockerte und die Märkte mit kaum vorstellbaren Summen flutete, neigt sich dem Ende zu. Damit kann 2015 schon jetzt wirtschaftspolitisch gesehen als historisch gelten, als ein Jahr der Zeitenwende. Doch dies trifft nur auf die USA zu sowie auf Großbritannien. In der Euro-Zone wird die Europäische Zentralbank (EZB) die gegenteilige Richtung einschlagen und mit dem Kauf von Staatsanleihen versuchen, die Renditen weiter zu drücken, gerne auch in den Negativbereich.

US-Wirtschaft erholt sich

Steigende Zinsen in den Vereinigten Staaten und sinkende oder weiter ultraniedrige bis negative Zinsen im Euroraum – dieser Gegensatz wird die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte in diesem Jahr prägen. In den Vereinigten Staaten erholt sich die Wirtschaft. Damit stabilisiert sich auch die globale Ökonomie. Sie wird etwa nach Einschätzung der Deutschen Bank wieder mit 3,6 Prozent wachsen. Europa hinkt weiter hinterher und kann froh sein, wenn es nach Jahren der Krise sein geschrumpftes Bruttoinlandsprodukt um knapp ein Prozent steigert.

Für Deutschland sind die meisten Experten optimistischer. Der schwache Euro hilft der deutschen Industrie, ihre Produkte auf den Weltmärkten günstig anzubieten. Der niedrige Ölpreis entlastet Verbraucher und Unternehmen und wirkt wie ein großes Konjunkturprogramm oder eine deutliche Steuersenkung. Wer beim Tanken und Heizen spart, kann mehr für den sonstigen Konsum ausgeben. Die meisten Konjunkturprognosen für Deutschland bewegen sich zwischen ein und zwei Prozent. Im Schnitt gehen die Fachleute davon aus, dass die Wirtschaft um gut 1,5 Prozent und damit sogar etwas stärker als 2014 zulegen dürfte.

Allerdings haben die Konjunkturexperten im vergangenen Jahr nicht viel dafür getan, um das Vertrauen in ihre Arbeit zu stärken. Im Jahresverlauf korrigierten sie sich mehrfach, bis sie Ende 2014 in etwa dort landeten, wo sie zwölf Monate vorher begonnen hatten. Bis April überboten sich die Fachleute gegenseitig mit ihrem Optimismus. Der verflog im Laufe des Sommers immer mehr, ohne dass jemand genau erklären konnte warum.

Ölpreis sorgt für Verwirrungen

Internationale Krisen hatte es auch vorher gegeben, doch lange perlten die schlechten Nachrichten am Wirtschaftsstandort D ab. Mitte des Jahres  änderte sich das grundlegend. Also kürzten die Volkswirte in den Banken und Instituten eifrig ihre Vorhersagen. Wenige Wochen später bereuten sie das schon wieder. Entgegen aller Erwartungen ging der Ölpreis auf Talfahrt.

Damit hatte fast keiner gerechnet: Obwohl mit Russland der damals größte Produzent der Welt einen Krieg anzettelte und auch der Nahe  Osten nicht zur Ruhe und Stabilität kam, wurde der Barrel immer billiger. Denn die globale Nachfrage entwickelte sich wegen der schwächelnden Weltwirtschaft mäßig, die USA lieferten mit ihrem Fracking immer mehr Öl und Gas und andere Energieträger erhöhten ihren Anteil am Ressourcenmix. So überraschend klingen die Erklärungen für das billige Öl und Benzin im Nachhinein gar nicht mehr.

Doch diese Entwicklung erwischte die Fachwelt auf dem falschen Fuß. Damit aber mussten auch die Konjunkturprognosen neu geschrieben werden.  Und so kam es bei den Wachstumsschätzungen für Deutschland im Laufe des Jahres 2014 zu einer Wellenbewegung mit einem Auf und Ab und einem anschließenden Auf. Diese momentane Zuversicht prägt auch den Ausblick. Der Arbeitsmarkt läuft gut hier zu Lande. Das sorgt für steigenden Konsum. Die EZB hält die Zinsen niedrig. Der Euro verliert gegenüber dem Dollar weiter an Wert.

All das hilft den deutschen Unternehmen. Sie profitieren vom Aufschwung der USA und der Stabilisierung der Weltwirtschaft. Enorm hoch sind derzeit aber auch die Risiken. Der Fall der Ölpreise drückt die Teuerung weiter nach unten – die Gefahr einer Deflation in der Eurozone, bei der sinkende Preise die Krise verschärfen,  ist nicht gebannt.  Als Risiko nennt die Commerzbank auch die Schieflagen in China mit einem überhitzten Immobilienmarkt und einer hohen Verschuldung.

Politische und wirtschaftliche Lage unklar

Unsicher ist, ob sich  die politischen Spannungen mit Russland verschärfen und ob die Griechen die Eurozone erneut in Turbulenzen stoßen. Es gibt viele gute Gründe für Zuversicht und viele gute Gründe für Vorsicht. Damit sind erneut Überraschungen vorprogrammiert, in beide Richtungen. Für die Aktienmärkte verspricht das nach Einschätzung der Experten jede Menge Spannung mit großen Schwankungen.

Unterm Strich rechnen die meisten aber mit weiter steigenden Kursen. Dafür sorgt neben der Entlastung durch den Ölpreis vor allem die EZB mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik. Bereits 2014 war bei starken Ausschlägen nach oben und nach unten ein Jahr der Rekorde. Am 5. Juni kletterte der Deutsche Aktienindex zum ersten Mal über die Marke von 10.000 Punkten. Die hielt er nicht ganz. Unterm Strich legte er im vergangenen Jahr um rund drei Prozent zu.

Für dieses Jahr trauen ihm die Börsianer zumeist deutlich mehr zu. Nicht ungewöhnlich sind Prognosen, die einen Anstieg auf 11.500 Punkte und mehr vorhersagen. Nur wenige wie die Helaba (Landesbank Hessen Thüringen) sind skeptisch und warnen vor der Abhängigkeit von der Geldpolitik. Höhere Zinsen könnten den Dax rasch ausbremsen. Danach aber sieht es in der Eurozone nicht aus. Nur die USA bereiten sich auf die Rückkehr zur Normalität mit höheren Zinsen vor. Europa schaut neidisch auf die andere Seite des Atlantiks.