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Arbeitszeit Arbeitszeit: Von Vollzeit in Teilzeit und wieder zurück

Von Thorsten Knuf 04.01.2017, 14:39
Arbeitsministerin Andrea Nahles
Arbeitsministerin Andrea Nahles dpa

Berlin - Teilzeitbeschäftigte in Deutschland sollen in Zukunft leichter wieder zurück in eine Vollzeit-Stelle wechseln können. Das sieht ein Gesetzentwurf aus dem Haus von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vor, der sich seit der vergangenen Woche in der Ressortabstimmung mit den anderen Bundesministerien befindet und dieser Zeitung vorliegt. „Viele Teilzeitbeschäftigte wünschen sich nach einer gewissen Zeit wieder eine Rückkehr zu ihrer ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit“, heißt es in dem Text zur Begründung.

Die Arbeitergeber warnten angesichts der Pläne am Mittwoch vor eine „Überdosis Bürokratie“, die Gewerkschaften hingegen signalisierten Zustimmung. „Die unbefristete Teilzeit ohne Rückkehrrecht auf Vollzeit ist viel zu starr“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. „Vor allem Frauen landen damit immer wieder in der Teilzeitfalle, die im Arbeitsleben und nachher in der Rente zu massiven finanziellen Nachteilen führt.“

Bislang nur Ansprung auf bevorzugte Berücksichtigung

Mit dem Gesetzentwurf will Ministerin Nahles Absprachen aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag umsetzen. Bereits bisher haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf, ohne Vorliegen bestimmter Gründe von einem Vollzeitjob in Teilzeit zu wechseln. Der Anspruch bezieht sich aber nur auf eine unbefristete Teilzeit-Tätigkeit. Möchte der Beschäftigte später sein Stundenpensum wieder erhöhen – etwa weil die Kinder aus dem Gröbsten heraus sind oder eine ehrenamtliche Tätigkeit zu Ende geht – ist er auf den guten Willen des Chefs angewiesen. Bislang gibt es unter bestimmten Umständen nur einen Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung entsprechender freier Vollzeitjobs.

Nahles plant nun, Vollzeitbeschäftigten auch einen Rechtsanspruch auf eine befristete Teilzeit-Tätigkeit zu verschaffen. Sie könnten also von ihrem Chef verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitraum reduziert wird. Bisher sind solche Absprachen nur möglich, wenn sich der Arbeitgeber freiwillig darauf einlässt.

Es sei „ein wichtiges arbeits- und familienpolitisches Anliegen der Bundesregierung, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht unfreiwillig in Teilzeit verbleiben müssen“, heißt es in dem Referentenentwurf aus dem Nahles-Ministerium. Der Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit soll – so wie der auf unbefristete Stunden-Reduktion – in Betrieben gelten, die regelmäßig mehr als 15 Beschäftigte haben. Wird die Arbeitszeit wieder verlängert, soll es aber keinen Anspruch darauf geben, dass der Beschäftigte weiterhin die gleiche Tätigkeit ausübt. „Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts eine gleichwertige Arbeit zuweisen“, heißt es dazu.

Mehr als zehn Millionen Teilzeit-Jobber

Laut Arbeitsministerium gab es im vorvergangenen Jahr bundesweit rund 36 Millionen abhängige Erwerbstätige. Mehr als zehn Millionen waren Teilzeit-Jobber, vier Fünftel davon Frauen.

Der Arbeitgeber-Dachverband BDA sprach sich am Mittwoch gegen einen neuen Rechtsanspruch und für mehr betriebliche und individuelle Lösungen in Sachen Teilzeit aus. „Partnerschaftliche Lösungen sind besser als starre rechtliche Vorgaben“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter.

Der Anspruch auf einen befristeten Teilzeitjob stelle Betriebe und alle anderen Arbeitnehmer vor große Belastungen, argumentiert die BDA: „Wer befristet ausfällt, dessen Arbeit muss trotzdem gemacht werden. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen ist es schwierig, dafür geeignetes Personal zu finden.“ Außerdem greife der Vorschlag einseitig in das Recht des Arbeitgebers ein, Lage und Dauer der Arbeitszeit im Betrieb zu bestimmen. Die Gewerkschaften halten diese Argumentation für nicht stichhaltig. DGB-Vorstandsmitglied Buntenbach meinte: „Wer Pinkelpausen kontrollieren kann, kann auch unbürokratisch flexible Arbeitszeiten ermöglichen.“