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Gefahr für Flughafen Leipzig/Halle? Antonov-Betreiber Volga Dnepr macht hohe Verluste

Von Steffen Höhne 17.10.2019, 10:00
Eine Antonov 124 in der Wartungshalle am Airport Leipzig/Halle
Eine Antonov 124 in der Wartungshalle am Airport Leipzig/Halle dpa

Halle (Saale) - In den vergangenen Monaten parkten zeitweise fünf Riesenflieger vom Typ Antonov 124 gleichzeitig auf dem Flughafen Leipzig/Halle. Luftfracht-Experten wunderten sich bereits, warum die im Unterhalt teuren Flugzeuge nicht in der Luft sind, um Geld zu verdienen. Offenbar fehlen der russischen Frachtfluggesellschaft Volga Dnepr Airlines, die am mitteldeutschen Airport eine große Wartungsbasis betreibt, die Aufträge.

Das Branchenportal Cargo Forwarder berichtet mit Verweis auf Insider, dass die Airline allein im Oktober einen operativen Verlust von 100 Millionen US-Dollar (91 Millionen Euro) eingefahren hat. Insgesamt soll sich das Minus in diesem Jahr auf 300 Millionen US-Dollar belaufen. Im September soll die Airline erstmals die Löhne für die rund 1000 Mitarbeiter am Stammsitz in Ulyanovsk nicht pünktlich gezahlt haben. Auf MZ-Anfrage äußerte sich Volga Dnepr am Mittwoch dazu nicht.

Volga Dnepr macht keine Geschäfte mehr mit der Nato

Dass sich die Airline in einer schwierigen Situation befindet, ist bereits seit längerem bekannt. Sie verfügt über zwölf Antonov 124 (AN 124), dem größten in Serie gebauten Frachtflugzeug der Welt. Es kann bis zu 120 Tonnen laden. Bis Ende 2018 flog Volga Dnepr mit den Maschinen auch im Auftrag des Militärbündnisses Nato und der Bundeswehr. So wurden beispielsweise Panzer und Hubschrauber für die Bundeswehr nach Afghanistan und Mali geflogen. Die deutsche Armee verfügt über keine Flugzeuge, die solches Kriegsgerät transportieren kann. Offenbar auf Druck der russischen Regierung zog sich Volga Dnepr aus dem lukrativen Geschäft zurück. Damit ging ein Millionen-Auftrag verloren.

Schwer dürfte die Russen auch der Handelsstreit zwischen den USA und China treffen. Durch die Einführung von Zöllen ist das Frachtaufkommen aus China deutlich gesunken. Volga Dnepr transportiert vor allem sperrige und schwere Güter wie Ausrüstung für Ölbohranlagen oder Werkzeugmaschinen. Zudem berichtet Cargo Forwarder darüber, dass Volga Dnepr die Zusammenarbeit mit sogenannten Luftfahrt-Brokern beendet hatte, um das Kundengeschäft selbst in die Hand zu nehmen. Dadurch verlor die Gesellschaft aber offenbar viele Kunden, die Aufträge über die Broker erteilt hatten.

Große Verluste - Wie wirkt es sich aufs Geschäft von Volga Dnepr aus?

Wie sich die Verluste auf die Gesellschaft auswirken, ist unklar. Volga-Dnepr-Eigentümer Alexej Issaikin zählt laut Forbes-Liste zu den 200 reichsten Russen. Sollten tatsächlich hunderte Millionen Euro Verlust angefallen sein, dürften die auch für Issaikin schwer verdaulich sein.

Gerät Volga Dnepr in Turbulenzen, dürfte das auch auf den Flughafen Leipzig/Halle Auswirkungen haben. Die Volga-Dnepr-Führung kündigte im Juni an, bis zu 500 neue Arbeitsplätze am Airport zu schaffen. So soll das Frachtaufkommen steigen und die Wartungsbasis ausgebaut werden. Der Flughafen selbst will 500 Millionen Euro investieren, um das Logistik-Angebot zu vergrößern. Mit dem Großkunden Volga Dnepr wird fest gerechnet.

Ist auch Cargo-Logic Germany von Turbulenzen betroffen?

Auch die am Airport neu gegründete Frachtfluggesellschaft Cargo-Logic Germany (CLG) könnte mittelbar betroffen sein. Die Gesellschaft ist zwar unabhängig von Volga Dnepr Airlines, Geldgeber und Gesellschafter ist jedoch auch Alexej Issaikin. Die CLG hat erst vor wenigen Wochen die Flugerlaubnis durch das Luftfahrt Bundesamt erhalten. Bei der Zulassung wurde auch die finanzielle Stabilität geprüft. Diese ist demnach vorhanden.

Airline-Chef Johannes Jähn will die Zahl der Mitarbeiter von 40 auf 80 bis Jahresende aufstocken. Die Flotte von derzeit zwei Boeing 737 soll auf sechs anwachsen. Die junge Airline steigt ins Expressgeschäft ein und will unter anderem Waren von Internet-Händlern befördern. Doch Anlaufverluste sind bei einem solchen Projekt unvermeidlich, die auch Issaikin tragen muss. (mz)