Angst vor Inflation: Was Preisauftrieb für Sparer bedeutet
Düsseldorf/dpa. - Noch ist unklar, welche Auswirkungen die Stützungsmaßnahmen von Politik und Notenbank in der Schuldenkrise haben. Doch vor allem die Angst vor Inflation steigt. Experten warnen aber vor übereilten Reaktionen.
«Es gibt keinen Grund zur Panikmache», sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. «Es gab in der Geschichte der Bundesrepublik gerade einmal drei Phasen, in denen die Inflationsrate für vergleichsweise kurze Zeit über vier Prozent lag.» Derzeit beträgt sie 1,0 Prozent.
«Inflation heißt zunächst einmal: Die Preise steigen», erläutert Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. «Das muss kein Problem sein, wenn die Zinsen und Einkommen gleichermaßen nach oben gehen.» Spareinlagen verlieren durch Inflation zwar an Wert - das werde unter Umständen aber durch steigende Zinsen ausgeglichen. Steigt die Inflationsrate, erhöht die Europäische Zentralbank die Zinsen, um die Geldmenge im Umlauf zu begrenzen und seine Entwertung zu stoppen. «Und wenn der Leitzins steigt, steigen langfristig auch die Zinsen zum Beispiel für ein Tagesgeld», sagt Scherfling.
Beide Experten verweisen auf den sogenannten Realzins. Er ergibt sich aus dem Verhältnis von Inflationsrate und Anlagezins. «Beträgt die Inflationsrate 5 Prozent und der Sparzins 7 Prozent, verliert das Geld nicht an Wert», sagt Nauhauser. Gefahr drohe aber dann, wenn der Realzins niedrig ist - wenn also das Ergebnis der Rechnung Anlagezins minus Inflationsrate unter Null liegt. Denn dann verliert das Geld auf dem Konto an Wert.
«Es gilt auch hier die allgemeine Regel: In Niedrigzinsphasen nicht langfristig anlegen», betont Scherfling: Wer sich zu lange bindet, etwa in einem Sparbrief über 10 Jahre, riskiert bei steigender Inflation einen negativen Realzins. Das ist besonders problematisch, wenn die Inflation «galoppiert», wie Experten sagen - sie also besonders hohe Werte erreicht.
«Dann verliert das Geld schnell an Wert», sagt Nauhauser. Bleibt es lange bei hohen Werten, kann das auch Folgen für die Altersvorsorge haben. Dennoch sind die unterschiedlichen Spar- und Vorsorgeprodukte und -systeme unterschiedlich von Inflation betroffen. Alles richtig macht also der, der breit streut und damit sein Gesamtrisiko verringert.
Gesetzliche Rente: Sie trifft die Inflation nicht direkt, denn sie ist im sogenannten Umlageverfahren finanziert: Die arbeitende Bevölkerung zahlt ein - die Rentner bekommen Rente ausgezahlt. «Es wird also gar nichts angelegt», sagt Nauhauser. Und steigt die Inflation, steigen auch die Löhne und damit die Einnahmen der Rentenversicherung über den prozentual von den Einkommen abgeführten Rentenversicherungsbeitrag. Die auszuzahlenden Renten bleiben also finanzierbar.
Allerdings ist bei anhaltender Inflation das ausgezahlte Geld weniger wert. «Ich kann also weniger kaufen von dem, was ich herausbekomme», sagt Scherfling. Wer seinen Lebensstandard im Alter halten will, müsste jetzt mehr privat ansparen, als er bisher errechnet hatte. «Ich müsste also die monatliche Sparrate erhöhen.»
Private Rente: Ob mit oder ohne Riester-Förderung: Private Rentenversicherungen weisen einen Garantiewert und einen prognostizierten Wert mit Überschussbeteiligung aus. Der Garantiewert steht Sparern bei Vertragsablauf - etwa bei Renteneintritt - zu, die Überschussbeteiligung könnte bei schlechter Entwicklung der Anlagen des Versicherungsunternehmens langfristig etwas geringer ausfallen. «Die Entwicklung liegt daran, wie stark das Versicherungsunternehmen jeweils in Aktien oder Anleihen investiert ist», sagt Scherfling.
Bei Riester-Verträgen sind die eingezahlten Beiträge plus die staatliche Förderung gesetzlich garantiert. Sparer müssen sich also keine Sorgen machen, weniger herauszubekommen. «Bei Riester-Banksparplänen gibt es variable Zinsen - die Sätze werden also immer wieder nach bestimmten Formeln der allgemeinen Zinsentwicklung angepasst», erläutert Karin Baur, Geldanlage-Expertin bei der Stiftung Warentest. Auch ihre Entwicklung sinkt oder steigt also mit dem Zinsniveau - steigende Inflation führt aber zu steigenden Zinsen, daher gleicht sich das aus.
«Bei allen Verträgen, bei denen Aktien im Spiel sind, geht es natürlich auf und ab - auch ganz unabhängig von der Schuldenkrise», fügt Baur hinzu - bei fondsgebundenen Rentenversicherungen und Riester-Fondssparplänen zum Beispiel. Das müsse vorher wissen, wer kauft. Steigen Inflationsraten und Zinsen, können Aktien allerdings sogar profitieren.
Immobilien: Immobilien gelten gemeinhin als «inflationssicher». Von Schnellschüssen beim Immobilienkauf raten die Experten aber ab: Wer nur aus einer Unsicherheit über die aktuelle Situation heraus kauft, könne eher viele Fehler machen. Lage und langfristige Wertentwicklung müssten stimmen. «Üblicherweise steckt ihr ganzes Geld in einer Immobilie», warnt Bauer. «Sie wären also schlecht beraten, nur aus Angst vor Inflation jetzt etwas so Weitreichendes zu tun.»
Fazit: Es ist sinnvoll, das Thema Inflation bei der Vermögensbildung immer im Hinterkopf zu haben. «Diversifizieren», also nicht alles auf eine Karte zu setzen und die Anlageformen zu mischen, senke das Risiko auch mit Blick auf steigende Inflationsraten. «Einen Vollkaskoschutz gibt es nicht. Aber es hilft, Bar- und Sachwerte aufzuteilen», sagt Nauhauser. Geldwerte seien stärker betroffen als Sachwerte. Einen Automatismus, dass zum Beispiel Immobilien oder Gold an Wert gewinnen, gebe es aber nicht. «Der einzige Schutz besteht darin, das Vermögen breit zu streuen.»
Anleger-Portal der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: www.verbraucherfinanzwissen.de