Angeschlagener Medienhändler Angeschlagener Medienhändler: Weltbild-Belegschaft kritisiert Investor Walter Droge scharf

Augsburg - Es ist die nächste Hiobsbotschaft für den Augsburger Medienhändler Weltbild und dessen Personal. In seiner seit Ende Juli insolventen Logistiksparte Also müssen 300 Stellen und damit zwei von drei Arbeitsplätzen gestrichen werden, erklärte Also-Geschäftsführer Reiner Wenz dem Betriebsrat. Das ist doppelt so viel wie befürchtet. Für das verbleibende Personal sollen die Löhne fast auf das Niveau von Arbeitslosengeld gekürzt werden, sagt Betriebsratschef Peter Fitz. Andernfalls drohe Investor Droege, die Finanzierung einzustellen. Derart zusammengestrichen sei die Logistik, die für den Weltbild-Konzern die Pakete schnürt, aber kaum noch funktionsfähig.
Im Jahr 2012 war Weltbild mit 1,6 Milliarden Euro Umsatz größter deutscher Buchhändler, für ihn arbeiteten 6800 Leute. Im Zuge der Insolvenz 2014 wurden 1000 Stellen gestrichen.
Investor Droege hat den Konzern aufgeteilt. 67 Filialen wurden verkauft. Die Weltbild-Logistik hat Droege in seinen Also-Konzern eingegliedert. Bei Weltbild blieben Teile des Filialgeschäfts, Online-Aktivitäten und das Katalog-Geschäft. Insgesamt stehen in den drei Teilen, in die der frühere Konzern zerlegt ist, weitere 700 Stellen auf dem Spiel. Im günstigsten Fall bleiben bei Weltbild rund 1150 Stellen erhalten. (tmh)
Die Abwicklung der Logistik sei nicht auszuschließen, betonte Geschäftsführer Wenz gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. In diesem Fall werde es auch für Weltbild als Ganzes kritisch, sagt Betriebsratschef Fitz. Das Personal fühlt sich vom Düsseldorfer Milliardär Walter Droege und Managern wie Wenz erpresst. Wozu die fähig sind, wissen Betriebsrat und Dienstleistungsgewerkschaft Verdi spätestens, seit Also in Augsburg der Geldhahn zuzudreht worden ist. Mit dieser Entscheidung habe Droege persönlich nichts zu tun gehabt, erklärt indessen ein Konzernsprecher in Düsseldorf. Weitere Auskünfte zum Konfliktfall Weltbild wollte er nicht geben.
Dafür findet Verdi mehr als deutliche Worte. „Droege setzt auf eine Vernichtungsstrategie und gefährdet damit den Fortbestand der gesamten Gruppe,“ sagt Gewerkschafter Timm Boßmann. Statt endlich zu sanieren, versuche Droege Personal billig zu entsorgen. Zugleich fordere er ultimativ den Einsatz von Leiharbeitern im großen Stil.
Weltbild-Gruppe in der zweiten Phase
Im Januar 2014 ist Weltbild, damals noch als unternehmerisches Flaggschiff der katholischen Kirche in Deutschland, erstmals pleite gegangen. Vor gut einem Jahr hat dann Droege die Mehrheit des einstmals größten Buchhändlers der Republik übernommen und mit Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz ein Sanierungskonzept namens Weltbild 2.0. vereinbart. Daran fühlte sich der Milliardär aber dann rasch nicht mehr gebunden.
Mittlerweile durchleben große Teile der ehemaligen Weltbild-Gruppe ihre zweite Pleite, auch wenn die Strukturen mit denen zu Zeiten der katholischen Kirche nicht mehr vergleichbar sind. Die Hälfte des Filialgeschäfts wurde Anfang 2015 von Droege trotz massiver Vorbehalte von Verdi und Betriebsräten an den undurchsichtigen Unternehmer Rüdiger Wenk verkauft. Dessen Fortführungskonzept fand auf eineinhalb DIN A4-Seiten Platz. Finanziell stand es offenkundig auf tönernen Füßen. Ende Juli hat Wenks Buchhandelskette Lesensart Insolvenz angemeldet. In den 67 von Weltbild übernommenen Filialen stehen seitdem gut 350 Beschäftigte vor dem Aus.
„Wälzt alles auf den Steuerzahler ab“
Droege habe Wenk nur als Strohmann engagiert, um überflüssige Filialen kostengünstig und ohne Sozialplan zu entsorgen, werfen Verdi und Betriebsräte dem Düsseldorfer vor. Wenige Tage später folgte die Pleite der deutschen Also. Die Weltbild-Logistik hatte Droege zuvor herausgelöst und in seinen Schweizer Also-Konzern mit 3,7 Milliarden Euro Umsatz und 36 Millionen Euro Gewinn eingegliedert. Die Augsburger Also hatte im ersten Halbjahr 2015 vier Millionen Euro Verlust verbucht, was die Mutter gut hätte verkraften können.
Droege habe nicht einmal versucht, die Defizite in Augsburg über Kurzarbeit in den Griff zu bekommen, sondern kurzfristig den Geldhahn zugedreht, kritisierten Betriebsrat und Verdi. „Droege wälzt alles auf den Steuerzahler ab – Insolvenzgeld, Arbeitslosengeld, Sozialversicherung“, wettert Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck.
Bei Weltbild selbst will Droege weitere 50 Stellen streichen. Dazu hat die eingerichtete Einigungsstelle ein von Droeges Managern abgesegnetes Konzept erstellt, das ohne Kündigung ausgekommen wäre. Das hat Droege ohne Begründung abgelehnt. Am 24. August tagt die Stelle erneut. Und bis Ende September muss für Also ein Sanierungskonzept her. Bis dahin reicht das Insolvenzgeld.
