Analyse Analyse: ESM-Chef Regling zeigt sich realistisch optimistisch

Berlin - Ob er denn nicht etwas zu optimistisch sei, wird Klaus Regling am Donnerstag in einer Pressekonferenz gefragt. Seine Einschätzung über die Chancen Griechenlandes sei doch gar nicht optimistisch, erwidert jedoch der Chef der Euro-Rettungsschirme: „Sie ist realistisch.“ Und dann verweist er darauf, dass er vor mehreren Jahren vorausgesagt habe, dass die Rettungsprogramme für Irland und Portugal erfolgreich sein würden. Und auch damals sei er als zu optimistisch kritisiert worden. „Aber ich hatte Recht.“
Tatsächlich klingt das, was Regling über Griechenland zu sagen hat, sehr zu zuversichtlich. So hält er es für wahrscheinlich, dass sich Athen bereits vor dem Ende des gerade beschlossenen dreijährigen Hilfsprogramms wieder zu akzeptablen Bedingungen Geld am Kapitalmarkt leihen kann. Dies gelte allerdings nur dann, wenn Griechenland die im Rahmen des Programms vereinbarten Reformen „entschlossen“ umsetzen werde. „Ich kann keine Erfolgsgarantie abgeben, aber ich sehe gute Gründe für eine erfolgreiche Entwicklung“, sagte Regling.
Neuwahlen als Chance
Auch die für September angesetzten Neuwahlen sieht der ESM-Chef nicht als Problem, sondern als Chance. Schließlich habe sich der radikale Flügel der Regierungspartei Syriza abgespalten und dürfte nicht Teil der neuen Regierung sein. Er erwarte, so Regling, dass diese künftig von den Befürwortern der Reformstrategie getragen werde.
In einem weiteren Punkt zeigte sich Regling ebenfalls sehr optimistisch: Er geht davon aus, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) auf alle Fälle an dem dritten Hilfsprogramm für Griechenland beteiligen wird. Er nannte auch eine Summe: Bis zu 16 Milliarden Euro könnte der IWF beisteuern.
Das sei der Betrag, der aus dem IWF-Anteil des (abgelaufenen) zweiten Hilfsprogramms nicht abgerufen worden sei und damit weiter zur Verfügung stehe. Um diesen Betrag könnte dann der Anteil der Europäer am neuen 86-Milliarden-Hilfsprogramm niedriger ausfallen.
Grexit nicht ausgeschlossen
Bisher war der Eindruck entstanden, der IWF mache nur mit, wenn Griechenland Schulden in einem erhebliche Umfang erlassen werden. In der Tat sehen die Kriterien des IWF vor, dass ein Land nur dann unterstützt wird, wenn die sogenannte Schuldentragfähigkeit gewährleistet ist. Kriterium ist der Schuldenstand in Relation zur Wirtschaftsleistung. Sie liegt absehbar bei 200 Prozent, zu viel für den IWF.
Doch Regling macht geltend, dass der IWF im Falle Griechenlandes längst auf die europäische Sichtweise umgeschwenkt sei, bei der der aktuelle Finanzierungsbedarf eines Landes betrachtet wird und nicht die Schuldenstandsquote. Das mache auch Sinn, schließlich sehe das Hilfsprogramm für Griechenland sehr lange Laufzeiten, niedrige Zinsen und tilgungsfreie Zeiten vor, argumentierte Regling. Der Schuldenstand sage vor diesem Hintergrund wenig über die wirkliche Belastung eines Landes aus, so der ESM-Chef.
Ein Realist ist Regling aber offensichtlich wirklich: Sollte Griechenland seine Reformzusagen und Zahlungsverpflichtungen nicht einhalten, dann bestehe auch weiterhin das Risiko eines Ausscheidens aus der Euro-Zone, sagte er. Der Grexit ist also längst nicht vom Tisch.