Alles zum Netzausbau Alles zum Netzausbau: Der Kampf ums schnelle Internet

Berlin - Die Telekombranche drückt auf die Tube. Die Unternehmen bauen ihre Netze aus. Zugleich erweitern sie ihre Angebote für Fernsehen und Abrufdienste von Filmen und Serien. Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia/KabelBW prescht vor und kündigt an, noch in diesem Jahr superschnelle Internetzugänge mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 200 Megabit pro Sekunde anbieten.
Was sollen 200 Megabit bringen?
Das hat auch viel mit Marketing zu tun. Unitymedia will sich als kleinster der großen Anbieter von schnellem Internet und TV gegenüber der Telekom und Vodafone behaupten. Dort wo Unitymedia aktiv ist, in Hessen, NRW und Baden-Württemberg, können die beiden Konkurrenten mit 200 Megabit nicht annähernd mithalten. Das Kölner Unternehmen will damit signalisieren: Bei uns gibt es den schnellsten Anschluss
Brauchen Nutzer wirklich 200 Megabit?
Derzeit liegt bundesweit die Durchschnittsgeschwindigkeit fürs schnelle Internet unter 20 Megabit. Bei Unity waren bislang schon bis zu 150 Megabit zu haben. Unity-Chef Lutz Schüler begründet die geplante zusätzliche Erhöhung damit, dass vor allem Familien damit die Möglichkeit gegeben werde, gleichzeitig hochaufgelöste Videos anzuschauen, Musikstreamingdienste zu nutzen und das normale TV-Programm laufen zu lassen - auf jeweils verschiedenen Geräten in einem Haushalt. Also auch auf Laptop-Computern oder Tablet-Rechnern.
Gibt es dafür eine Nachfrage?
Die aktuellen Zahlen von Unity sprechen dafür. Genau für diese Mehrfachnutzung bietet das Unternehmen eine Multimediaplattform namens Horizon an. Die Zahl der Nutzer ist mit „mehr als 100000“, so das Unternehmen, zwar noch eher bescheiden. Insgesamt hat die Firma 7,1 Millionen Kunden. Interessant ist aber die Zuwachsrate: Allein im ersten Quartal kamen 40000 neue Kunden hinzu. Interessant ist auch, dass davon die Hälfte das schnelle Internetangebot mit 150 Megabit nutzt. Zugleich registriert Unity eine wachsende Nachfrage nach hochaufgelöstem Fernsehen. Das alles hat dem Unternehmen im ersten Quartal ein Umsatzplus von acht Prozent auf 509 Millionen Euro beschert.
Lässt sich daraus ein Trend für die gesamte Branche ableiten?
Ganz bestimmt. Es gibt einen wachsenden Bedarf nach höherwertigen Angeboten. Jahrelang waren die Verbraucher in Deutschland sehr zurückhaltend, wenn es um Bezahldienste ging. 2009 gab es nur fünf Millionen Kunden von TV-Abo-Diensten. Mittlerweile sind es mehr als elf Millionen.
Was hat diese Entwicklung ausgelöst?
Experten gehen davon aus, dass die Verbreitung von Fernsehgeräten, die bewegte Bilder in HD-Qualität bilden, ein ganz wichtiger Faktor war. Nach dem Motto: Wenn man sich schon einmal solch ein Gerät gekauft hat, dann will man es auch nutzen. Das erhöht die Bereitschaft, für hohe Qualität extra zu zahlen – wobei damit sowohl die technische Qualität, also schärfere Bilder, als auch die inhaltliche Qualität gemeint ist. Letzteres lässt sich am Erfolg hochgelobter US-Serien wie „Breaking Bad“, „House of Cards“ oder „Homeland“ ablesen.
Was hat das mit dem schnellen Internet zu tun?
Das Internet spielt eine zentrale Rolle beim Transport dieser Inhalte. Viele der erfolgreichen Serien werden mittlerweile zuerst nicht mehr im traditionellen, linearen Fernsehen gezeigt, sondern von sogenannten Streamingdiensten wie Netflix. Das sind im Grunde riesige Onlinebibliotheken, für die eine monatliche Gebühr fällig wird. Da schaukelt sich wechselseitig etwas hoch. Die Nachfrage nach interessanten Inhalten kann nur bedient werden, wenn es ausreichend Bandbreite gibt. Größere Bandbreite macht zusätzliche Dienste möglich.
Wie gehen die anderen großen Telekommunikationsunternehmen mit diesem Trend um?
Die Telekom hat kürzlich angekündigt den Ausbau ihrer Netze zu beschleunigen. Allerdings ist bei Telefonleitungen aus technischen Gründen bei 100 Megabit Schluss. Zugleich will die Telekom ihr eigenes Fernsehangebot Entertain ausbauen. Vermutlich von September an will der Konzern just Netflix seinen Kunden anbieten. Schon vorher soll Maxdome, die Online-Videothek des TV-Konzerns Pro Sieben-Sat1, zur Verfügung stehen. Die Zahl der Kunden soll von jetzt zwei auf fünf Millionen im Jahr 2018 steigen.
Was macht Vodafone?
Vodafone hat für 10,7 Milliarden Euro Deutschlands größten Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland (KD) gekauft. Dieses Unternehmen ist in den 13 Bundesländern aktiv, wo Unity nicht agiert. Kürzlich startete der Konzern eine Kampagne mit einem schnellen Internetanschluss via Kabel, bis zu 100 Megabit, für 9,90 Euro im Monat – ein Kampfpreis. In den drei Unity-Ländern bietet Vodafone/KD Internetzugänge zu ähnlichen Konditionen wie die Telekom. Zuhause Plus heißt das neue Produkt. Manuel cubero, der neue KD-Chef, hat angekündigt, dass es künftig eine „ganz neue Netz- Produkt- und Service-Welt“ geben werde. Für Insider ist klar, dass alles darauf abzielt ebenfalls höherwertige Internet- und TV-Produkte anzubieten. Nicht auszuschließen ist, dass Netflix oder andere Streamingdienste künftig von Vodafone angeboten werden. In einem nächsten Schritt zielen diese Paketprodukte darauf ab, die Mobilfunknutzung auch noch mit hinein zu nehmen.