70.000 Davids gegen einen Goliath 70.000 Davids gegen einen Goliath: Alternativer Nobelpreis geht an einen Anwalt

Berlin - Die Geschichte erinnert an David gegen Goliath, genauer gesagt an 70 000 Davids, die mit Hilfe eines engagierten Anwalts gegen einen Goliath kämpfen.
In einer Reihe mit Snowden und Lindgren
Es ist die Geschichte des US-Anwalts Robert Bilott, der seit 16 Jahren gegen den Chemiekonzern DuPont vorgeht, weil das Unternehmen tonnenweise Gift im Ohio River verklappt hat und wahrscheinlich viele Menschen am Fluss krank gemacht hat. Nun ist Bilott für sein Engagement mit dem Right Livelihood Award geehrt worden.
Das ist der sogenannte Alternative Nobelpreis, den eine schwedische Stiftung vergibt. Der US-Rechtsanwalt, der selbst von haarsträubenden Umweltschweinereien noch mit leiser Stimme berichtet, steht nun in einer Reihe mit Edward Snowden, dem US-amerikanischen Whistleblower, und der schwedischen Schriftstellerin Astrid Lindgren.
Kühe starben durch chemische Substanz
Vor 16 Jahren schrieb Bilott einen Brief. Er war mehr als 900 Seiten lang und an die US-amerikanische Umweltbehörde EPA, das Umweltministerium des Landes, gerichtet. Ein Viehzüchter aus West Virginia hatte dem Anwalt von dem Verdacht erzählt, dass seine Kühe wegen des Drecks aus dem Chemiewerk in der Nachbarschaft verendet seien.
In dem Brief war von PFOA die Rede. Das ist die englische Abkürzung von Perfluoroctansäure. Das ist eine chemische Substanz, der im Chemiekonzern DuPont verwendet wurde, damit Teflon bei der Herstellung nicht verklumpte.
Trinkwasser von 6 Millionen Menschen könnte betroffen sein
Wenn PFOA-Rückstände aber in Flüsse und ins Trinkwasser gelangen, dann könnten sie beim Menschen schwere Krankheiten auslösen, sagten Ärzte. Umweltschützer fanden zudem heraus, dass nicht nur West Virginia betroffen ist.
Mittlerweile, so heißt es, könnte das Trinkwasser von mehr als sechs Millionen Menschen in 27 US-Bundesstaaten belastet sein. Das Problem ist: Niemand kann bis heute genau sagen, ab welchem PFOA-Gehalt das Wasser der Gesundheit der Menschen schadet.
Er vertrat 70.000 Kläger
2001, als Anwalt Bilott in seiner Kanzlei in Cincinnati den Anruf des Bauern aus West Virginia bekam, konnte er nicht ahnen, dass er damit noch 16 Jahre später beschäftigt sein würde. Über die Jahre hinweg entwickelte sich die PFOA-Geschichte zum Fall seines Lebens. Bilott wurde, wie die New York Times schrieb, zu „DuPonts schlimmstem Alptraum“.
Er vertrat 70 000 Kläger, die eine Entschädigung forderten. Es war nur ein Zufall, dass im selben Jahr, in dem Bilott den Brief an die Behörden schrieb, auch der Umwelt-Film „Erin Brokovich“ einen Oscar bekam. Aber der Zufall half, der PFOA-Skandal bekam dadurch mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Die Klagen laufen noch, aber immerhin verwendet DuPont die Substanz PFOA nicht mehr.
Nicht der einzige Preisträger
Robert Bilott gehört neben einer indischen Menschenrechtsanwältin, einer äthiopischen Aktivisten und einer aserbaidschanischen Journalistin zu den diesjährigen Preisträgern des Right Livelihood Awards.
Der Anwalt aus dem reichsten Land der Welt hat einen nicht dotierten Ehrenpreis bekommen, den er mit den Worten kommentierte: „Ich hoffe, dass diese Auszeichnung dazu beiträgt, ein stärkeres Bewusstsein für den Schutz unseres Trinkwassers und die Stärkung der Rechte von betroffenen Anwohnern und Gemeinden zu schaffen.“ Es scheint, als gehe Bilotts Kampf weiter.