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Europäischer Gerichtshof 0180-Nummern: Europäischer Gerichtshof verbietet überhöhte Anrufkosten bei Kundenservices

Von Lukas Thiele 02.03.2017, 11:15
Callcenter-Mitarbeiterin – Der europäische Gerichtshof legte fest, dass die Kosten bei Telefonaten mit 0180-Nummern nicht die eines gewöhnlichen Anrufs übersteigen dürfen.
Callcenter-Mitarbeiterin – Der europäische Gerichtshof legte fest, dass die Kosten bei Telefonaten mit 0180-Nummern nicht die eines gewöhnlichen Anrufs übersteigen dürfen. dpa-Zentralbild

Luxemburg - Ruft ein Kunde ein Unternehmen über eine 0180-Nummer an, kostet ihn das in der Regel viel mehr als ein üblicher Festnetzanruf. Eine EU-Richtlinie soll den Anrufer eigentlich davor schützen. In Deutschland ist jedoch unklar, wie diese Richtlinie genau auszulegen ist. Der Europäische Gerichtshof hat nun in einem wegweisenden Urteil für Klarheit gesorgt und festgelegt, dass Anrufe beim Kundendienst keine extra Kosten mit sich bringen dürfen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist eine 0180-Servicenummer?

Bei 0180-Nummern handelt es sich um „Service-Dienste-Rufnummern“, die Unternehmen bei Telekommunikationsanbietern beantragen können. Vorausgesetzt, sie haben wirklich vor, telefonisch einen Service zu erbringen.

Wie teuer ein Anruf bei einer solchen Servicenummer ist, hängt davon ab, mit welcher Ziffer sie endet. Bei einer 01803-Nummer zahlt der Verbraucher aus dem Festnetz neun Cent pro Minute. Bei einer 01804-Nummer zahlt er gar 20 Cent pro Anruf. Laut Bundesnetzagentur sind derzeit rund 300 000 Service-Dienste-Rufnummern vergeben.

Worum geht es jetzt genau?

Der deutsche Elektronik-Versandhändler Comtech nutzt für seinen Kundenservice eine kostenpflichtige 01805-Hotline. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Frankfurt an Main, hat den Online-Händler deshalb vor dem Landgericht Stuttgart auf Unterlassung verklagt. Der Vorwurf: Comtech habe mit seiner 01805-Nummer eine „unlautere geschäftliche Handlung“ unternommen.

Laut einer EU-Richtlinie zum Verbraucherschutz aus dem Jahr 2011 müssen Kunden nicht mehr als den Grundtarif zahlen, wenn die telefonisch mit einem Unternehmen Kontakt aufnehmen wollen. In dieser Richtlinie ist der Begriff „Grundtarif“ jedoch nicht weiter definiert. Das Landgericht Stuttgart wollte nun vom EuGH wissen, wie der Begriff auszulegen sei.

Wie ist das Urteil ausgefallen?

Der EuGH hat der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Recht gegeben. Demnach ist der Begriff „Grundtarif“ so auszulegen, dass die Kosten eines auf einen geschlossenen Vertrag bezogenen Anrufs unter einer von einem Unternehmen eingerichteten Rufnummer die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhnlichen geografischen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer nicht übersteigen dürfen.

Nach Ansicht des Gerichtshofs entspricht der „Grundtarif“ im gewöhnlichen Sprachgebrauch also den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf.

Wohin fließt das Geld, das Verbraucher mehr zahlen?

Theoretisch kann sich ein Unternehmer einen Teil des Geldes vom Telekommunikations-Anbieter abzweigen lassen und somit Mehreinnahmen erzielen. Laut Bundesnetzagentur ist das aber verboten, wenn die Rufnummer dafür verwendet wird, dass „Verbraucher den Unternehmer wegen Fragen oder Erklärungen zu einem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag“ anrufen.

Warum nutzen dann Unternehmen dann überhaupt diese 0180-Nummern?

Laut Bundesnetzagentur kommen solche Nummern in der Regel auf intelligenten Service-Plattformen zum Einsatz. Dort werden Anrufe verschiedenen Callcenter-Mitarbeitern nach bestimmten Kriterien zugeteilt, zum Beispiel danach, woher sie kommen oder zu welcher Tageszeit sie eingehen.

Da die Kosten dafür im Wesentlichen der Anrufer trägt, können die teuren Servicenummern aber auch als eine Art Barriere eingesetzt werden, um zu verhindern, dass der Kunde schon bei kleinen Fragen zum Telefon greift, oder dafür zu sorgen, dass der Anrufer sich möglichst kurz fasst. Der EuGH begründet seine Entscheidung auch unter Berücksichtigung dieses Aspektes. „Verbraucher könnten davon abgehalten werden, die Service-Nummer zu nutzen, um Informationen zu einem Vertrag zu erhalten oder ihre Rechte, namentlich in den Bereichen Gewährleistung oder Widerruf, geltend zu machen“, heißt es in einer Mitteilung.

Was sagt Comtech?

Wie Walter Stillner, Anwalt des Unternehmens betont, habe Comtech nie Gewinne aus der 0180-Nummer generiert. Aus deutschem Recht gehe hervor, dass daher die von Comtech geschaltete Nummer zulässig gewesen sei. Mittlerweile ist die Servicezentrale des Unternehmens über eine gewöhnliche Nummer mit Ortsvorwahl zu erreichen. (mit dpa)