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«Wir helfen» kümmert sich um Lernbehinderte «Wir helfen» kümmert sich um Lernbehinderte: Dominik hat jetzt wieder mehr Lust am Unterricht

Von Yvonne Falke 15.10.2004, 17:49

Baalberge/MZ. - "Mutti, Mutti, ich kann schon wieder ein neues Wort schreiben." Gerade zu Hause in Wiendorf angekommen, schnürt der siebenjährige Dominik seinen Rucksack auf. Sofort holt er sein Arbeitsheft heraus und will zeigen, was er heute im Deutschunterricht gelernt hat. Noch vor einem Jahr, berichtet Carola Kukla, habe ihr Sohn nicht das geringste Interesse an der Schule gehabt. "Dominik wollte weder das Lesen noch das Rechnen lernen." In der Grundschule, vermutet die Elternvertreterin, sei ihr Sohn ein Schüler unter vielen gewesen.

Seit diesem Schuljahr geht Dominik in die Lernbehindertenschule Baalberge im Landkreis Bernburg. Hier hat die zweite Klasse einen Raum unter dem Dach bezogen.

Die gesamte Lernbehindertenschule ist erst im August in die ehemalige Sekundarschule Baalberge eingezogen. Zum Einrichten, erinnert sich Schulleiter Gerd König, habe niemand Zeit gehabt. Während die 117 Schüler in die Ferien gegangen waren, schnürten die 16 Lehrerinnen und vier pädagogischen Mitarbeiter Kartons.

Mit Grauen denkt König an den Schulstart zurück. Da habe vieles noch in den Fluren gestanden. Dennoch sagt er: "Wir haben uns verbessert." So ist für Schüler und Lehrer seit diesem Sommer die räumliche Trennung aufgehoben. Nicht nur von Gebäude zu Gebäude, sondern auch von Ort zu Ort mussten seine Kollegen bis zum letzten Schuljahr wandern. Der Schulhof in Baalberge sei viel größer. Für den Sport gibt es hier eine Turnhalle, "auch wenn sie Farbe braucht", und den Sportplatz gleich nebenan.

Die Kinder indes haben jetzt einen weiteren Schulweg. Sie alle kommen aus dem südlichen Teil des Landkreises Bernburg. "Bei Unterrichtsbeginn", erläutert die stellvertretende Schulleiterin Steffi Kruschke, "haben manche schon eine Stunde Busfahrt hinter sich."

Kollegium und Schüler mussten in der Gemeinde gegen viele Vorurteile ankämpfen. "Viele denken, Wunder wie schlimm eine Lernbehindertenschule ist", sagt Carola Kukla. Die ersten Nachbarn, meint der Schulleiter, hätten sehr schnell ihr Urteil revidiert und staunen, wie sauber der Schulhof immer ist.

"Unsere Schüler", sagt Steffi Kruschke, "sind weder dumm noch faul." Vielmehr machen ihnen Lernbehinderungen zu schaffen. Das seien Defizite in der Auffassungsgabe oder im Durchhaltevermögen, Schwächen beim logischen Denken oder in der Konzentration. Deshalb setzt das Kollegium in kleinen Klassenverbänden von acht bis 13 Schülern auf individuelle Förderung. "Da werden sowohl Sachen in der kleinen Lerngruppe nachgeholt als auch Stärken noch mehr gefördert". Ein Beispiel, so König, sei der Englischunterricht. Hier haben bereits die Fünftklässler Schnupperstunden. Englisch sei vielen Schülern willkommen. "Schließlich haben die meisten einen Computer." Doch gerade für die Förderung in der Schule wünschen sich die Lehrer mehr Möglichkeiten.

1 500 Euro für Unterrichtsmaterialien sind noch im Jahresbudget. Sie sind aber durch die finanzielle Misere des Landkreises gesperrt. Dabei würde sich jeder Lehrer freuen, wenn er in seiner Klasse mit einer neuen Landkarte arbeiten könnte. Und auch die Klassenräume könnten neue Farbe vertragen.