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Windkraftanlagen Windkraftanlagen: Vestas-Werk trotzt der Konzern-Krise

Von Peter Jähnel 07.05.2012, 05:38
Rotorblätter auf Lager: Der weltgrößte Windkraftanlagenbauer Vestas steckt in einer Krise. (FOTO: DPA)
Rotorblätter auf Lager: Der weltgrößte Windkraftanlagenbauer Vestas steckt in einer Krise. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Berlin/Lauchhammer/dpa. - Der weltgrößte Windanlagenbauer Vestasist in Turbulenzen geraten. Deshalb hat der dänische Konzern, der imbrandenburgischen Lauchhammer Windflügel herstellt, ein Sparprogrammbeschlossen. Demnach sollen in diesem Jahr weltweit gut zehn Prozentder 23 000 Stellen gestrichen werden. Die Branche kämpft mitsinkenden Anlagenpreisen und mit Überkapazitäten auf dem Weltmarktinfolge der chinesischen Konkurrenten.

In Brandenburg stehen mehr als 3000 Windräder - darunter viele vonVestas. Das Bundesland nimmt damit Platz zwei nach Niedersachsen undvor Sachsen-Anhalt ein. Dies passt zur neuen Energiestrategie derrot-roten Landesregierung in Potsdam, wonach bis 2030 die Hälfte dererneuerbaren Energien aus Windenergie erzeugt werden soll.

Von den Kürzungen bei Vestas ist der vor zehn Jahren gegründeteStandort Lauchhammer (Oberspreewald-Lausitz) nicht betroffen, wieFrank Weise versichert. Der Geschäftsführer der Vestas BladesDeutschland GmbH verweist auf einen Rekord-Auftragsbestand anWindenergieanlagen im Konzern im Umfang von zehn Milliarden Euro.

«Ein großer Teil davon entfällt auf die moderne Anlage vom TypV112, für die wir in Lauchhammer als einziges Vestas-Werk inDeutschland die Flügel herstellen», erläutert Weise. «UnsereAuftragsbücher für 2012 und 2013 sind gut gefüllt.» Mit Blick auf dieKonkurrenz aus Fernost sagt er: «Angst vor den chinesischen Anbieternhaben wir nicht. Wir zahlen in Lauchhammer zwar höhere Löhne als sie,brauchen aber viel weniger Arbeitsstunden pro Anlage.»

Um neue Märkte zu erschließen, hat Vestas das Lausitzer Werk imvergangenen Jahr für die Produktion von 55 Meter langen Rotorblätternfür die V112-Anlagen umgebaut, die drei Megawatt Strom erzeugenkönnen. Der Umbau kostete 70 Millionen Euro und damit etwa so vielwie der Neubau. Dort startete im Mai 2002 die Produktion von 39 Meterlangen Blättern. Der Generator für die V112 der neuen Generation wirdin Lübeck hergestellt, und die Rotornabe wird in Magdeburg gegossen.

In den vergangenen zehn Jahren hat Vestas etwa 180 Millionen Euroin den Brandenburger Standort investiert. Die Produktionsfläche desWerkes in Lauchhammer wuchs um ein Viertel auf 46 000 Quadratmeter.Zugleich erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten auf rund 650,darunter sind 25 Lehrlinge. Die Millioneninvestition und dieSteuerzahlungen von Vestas an die Kommune waren mehr als einLichtblick angesichts des schwierigen Strukturwandels im LausitzerBraunkohlerevier. Dort haben zehntausende Menschen seit 1990 ihreArbeit verloren.

Doch nun hat der Vestas allzu optimistische Wachstumsprognosengebremst und Produktionskapazitäten in Skandinavien abgebaut. Dennder Konzern erwirtschaftete allein in den ersten drei Monaten diesesJahres einen Verlust vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 245 MillionenEuro. Im vergangenen Jahr schrieb das Unternehmen statt eineserwarteten Gewinns einen Verlust von rund 166 Millionen Euro. DerPreisverfall - seit 2008 sanken die Preise um rund ein Viertel -drückte neben Vestas auch den Wettbewerber Nordex in die rotenZahlen.

Angesichts solcher Hiobsbotschaften rauschte die Aktie von Vestasin den Keller, und Gerüchte über Übernahmeabsichten chinesischerUnternehmen machten die Runde. Doch der Bundesverband Windenergiesieht dafür keinen Anlass. «Die Windenergiebranche in Deutschland istgut aufgestellt, wir haben hier ein kontinuierliches Wachstum», sagtVerbandssprecher Alexander Sewohl. «Wir beobachten die chinesischenWindanlagenhersteller genau. Zurzeit können wir aber nicht erkennen,dass einer von ihnen - abgesehen von einzelnen Projekten - auf demdeutschen Markt oder auf dem europäischen Kontinent Fuß gefasst hat.»

Während die Windbranche derzeit mit Gegenwind kämpft, bricht dieSolarbranche unter dem Preisdruck chinesischer Anbieter und gekürzterSubventionen in Deutschland ein. Deutsche Unternehmen wie Solon,Solar Millennium oder Q-Cells mussten Insolvenz anmelden. InBrandenburg schließt der US-Konzern First Solar seine beiden Werkezur Produktion von Dünnschichtmodulen in Frankfurt (Oder) - damitfallen bis Herbst 1200 Arbeitsplätze weg. Davon ist die Windbranchenach Ansicht von Experten trotz aller Probleme aber weit entfernt.

«Wenn die Windkraftanlagen leistungsfähiger werden, braucht maneine geringere Zahl. Damit beanspruchen sie nicht so viel Fläche»,sagt Steffen Streu vom Brandenburger Wirtschaftsministerium mitBlick auf Proteste von Bürgerinitiativen gegen eine «Verspargelung»der Landschaft. Das könnten auch Anreize für Vestas sein, seineHochtechnologieanlagen weiterzuentwickeln.

Ein Mitarbeiter des Windkraftanlagenherstellers Vestas im südbrandenburgischen Lauchhammer (Oberspreewald-Lausitz) geht durch eine Werkhalle. (FOTO: DPA)
Ein Mitarbeiter des Windkraftanlagenherstellers Vestas im südbrandenburgischen Lauchhammer (Oberspreewald-Lausitz) geht durch eine Werkhalle. (FOTO: DPA)
dpa-Zentralbild