Welle von Kurzarbeit rollt an
Stuttgart/dpa. - Der weltgrößte Autozulieferer Bosch stellte einen entsprechenden Antrag für rund 9000 Mitarbeiter. Deutschlands größter Stahlkonzern, ThyssenKrupp Steel, kündigte eine flächendeckende Kurzarbeit ab 1. Februar an. Alle Bereiche des Unternehmens mit seinen 20 000 Mitarbeitern seien betroffen, sagte ein Sprecher von ThyssenKrupp Steel in Duisburg. Der Bundesanstalt für Arbeit lagen zum Jahresende bereits Anträge auf Kurzarbeit für 300 000 Menschen vor, ein Jahr zuvor waren es 10 000 gewesen.
Bei Daimler sind neben dem Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim auch das größte Werk des Konzerns in Sindelfingen (Kreis Böblingen) sowie sechs andere Standorte in Deutschland betroffen, sagte eine Sprecherin in Stuttgart. Mit der Maßnahme sollen in der Krise Arbeitsplätze gesichert und betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.
In den Werken Sindelfingen, Untertürkheim, Rastatt, Berlin, Ludwigsfelde und Hamburg arbeiten zunächst knapp 40 000 Beschäftigte kurz. Wie viele Mitarbeiter an den Standorten Bremen und Düsseldorf betroffen sind, sei derzeit noch nicht klar, sagte die Daimler- Sprecherin. Insgesamt arbeiten bei Mercedes-Benz Cars in Deutschland rund 85 000 Menschen. Zuletzt hatte es 1993 Kurzarbeit gegeben.
Für den Großteil der betroffenen Werke haben Unternehmensleitung und Betriebsrat zunächst bis Ende März Kurzarbeit vereinbart. In den Nutzfahrzeug-Werken droht dagegen nach Angaben des Unternehmens im ersten Halbjahr 2009 voraussichtlich keine Kurzarbeit. Hier seien zum Beispiel am Standort im pfälzischen Wörth aber Verkürzungen der Arbeitszeit von 35 auf 30 Stunden geplant.
Bei Bosch sind die vier Standorte Reutlingen, Bamberg, Salzgitter und Eisenach betroffen, berichtete ein Bosch-Sprecher in Stuttgart. Zuvor hatte der Autozulieferer bereits Zehntausende Beschäftigte in verlängerte Weihnachtsferien geschickt. In Reutlingen sei mittlerweile für 4000 der insgesamt 7000 Beschäftigten Kurzarbeit angemeldet worden, sagte der Sprecher.
Bei ThyssenKrupp hieß es, «die Zahl der Kurzarbeitsschichten wird monatlich neu verhandelt und orientiert sich an der aktuellen wirtschaftlichen Lage.» Theoretisch könne bis Ende September kurzgearbeitet werden. Dies sei die Laufzeitdauer des aktuellen Vertrages, der mit den Betriebsräten ausgehandelt worden sei. Der Stahlkocher Saarstahl hatte in der vergangenen Woche an seinen drei Standorten Kurzarbeit für 2000 Menschen beantragt. Dort gibt es insgesamt 4500 Beschäftigte.
Die Rohstahlproduktion war zum Jahresende 2008 um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Mit 2,45 Millionen Tonnen Rohstahl kochten die deutschen Hüttenwerke im Dezember 2008 rund 34,7 Prozent weniger Rohstahl als noch im Vergleichsmonat des Vorjahres, berichtete das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden.
Bei BMW und Audi rollen unterdessen nach einer verlängerten Weihnachtspause wieder in allen deutschen Werken Autos vom Band. Zur Frühschicht nahmen am Montag die drei bayerischen BMW-Werke München, Dingolfing und Regensburg mit zusammen rund 40 000 Beschäftigten die Produktion wieder auf. Im Leipziger BMW-Werk war der Betrieb bereits am vergangenen Donnerstag wieder gestartet. Auch bei Audi in Ingolstadt gingen die Beschäftigten nach verlängerten Weihnachtsferien am Montag wieder zur Arbeit.
Der Autobauer Opel will die aktuelle Absatzschwäche ohne Jobabbau überstehen. Der Mutterkonzern GM einigte sich mit den europäischen Arbeitnehmervertretern auf ein Rahmenabkommen für GM Europe, das für Krisenzeiten europäische Mindeststandards für verringerte Arbeitszeiten festlegt, gleichzeitig aber betriebsbedingte Kündigungen und Werkschließungen ausschließt, sagte Opel- Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz in Rüsselsheim. Er soll schon greifen, falls die Produktion in in kommenden Wochen gedrosselt werden müsste. Bei der Opel Eisenach liefen am Montag die Bänder wieder an. Die Weihnachtsferien für das Montagewerk, in dem ausschließlich der Kleinwagen Corsa gebaut wird, waren vom 15. Dezember an auf vier Wochen ausgedehnt worden.
Beim Sportwagenbauer Porsche ist Kurzarbeit «kein Thema», sagte ein Sprecher in Stuttgart. Das Unternehmen reagiert mit acht Schließtagen im Januar auf die schwache Nachfrage. Auch bei VW und Ford gibt es keine Kurzarbeits-Pläne. Ein Sprecher der Ford Werke GmbH in Köln sagte: «Aber wir beobachten die Entwicklung der Märkte sehr genau und werden unsere Fertigung danach ausrichten.»
Bei Schmitz Cargobull, dem bundesweit größten Hersteller von Sattelaufliegern, sind etwa die Hälfte der weltweit 4400 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Betroffen sind die Standorte Altenberge, Vreden und der Firmensitz Horstmar im Münsterland sowie Gotha in Thüringen. Es bestehe derzeit keine Möglichkeit, die Fertigung auszulasten, sagte ein Sprecher.