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Wein Wein: Schraubverschlüsse gefährden Korkeichenwälder

Von Christian Volbracht 20.08.2007, 07:41
Aus einer dicken Rindenplatte ausgestanzte Korken liegen in einer Korkfabrik in Ponto de Sor nordöstlich von Lissabon in einem Behälter. (Foto: dpa)
Aus einer dicken Rindenplatte ausgestanzte Korken liegen in einer Korkfabrik in Ponto de Sor nordöstlich von Lissabon in einem Behälter. (Foto: dpa) dpa

Ponto de Sôr/dpa. - Denn die jahrhundertealten Korkeichenwälder rund umsMittelmeer gelten als gefährdet, wenn sich Schraubverschlüsse,Kunststoff- oder Glasstopfen weiter durchsetzen. Umweltschützer undKork-Produzenten befürchten, dass als wirtschaftliche AlternativeEukalyptus-Monokulturen entstehen könnten.

Der Korken ploppt für die Umwelt: Das Motto «Echter Korken, echterWein» soll helfen, ein beispielhaftes ökologisches und ökonomischesSystem zu bewahren. In Portugal wächst auf 730 000 Hektar ein Drittelaller Korkeichen der Welt, das Land liefert mehr als die Hälfte derWeltkorkproduktion. Und die Korkmacher berichten von erheblichenFortschritten im Kampf gegen den Weinfeind TCA - das für muffigenKorkgeschmack im Wein hauptverantwortliche Trichloranisol. Es bildetsich aus einer Reaktion von Schimmelpilzen und Pestiziden.

«Wir haben in den letzten fünf Jahren die TCA-Belastung um 80Prozent gesenkt», sagt Carla Silva von der Vereinigung derportugiesischen Korkindustrie. Besonders eine kontrollierte Lagerungder vom Baum geschälten Korkplatten, das mehrmalige Kochen sowiehäufige Analysen und eine strengere Selektion verbessern dieQualität. Seit 2002 haben die rund 300 Betriebe des Korkverbandesrund 400 Millionen Euro in neue Produktionsverfahren investiert undneue Standards eingeführt. Der Export von Korkprodukten bringtPortugal pro Jahr rund 900 Millionen Euro.

Aber die Preise für Kork sind schon leicht gefallen, Herstellervon Naturkork und die Produzenten der Alternativverschlüsse liefernsich mit immer neuen Gutachten über die Vorteile ihrer Produkte einenharten Kampf. Kunststoffverschlüsse kosten den Winzer 5 - 15 Cent proStück, Korken mindestens das Doppelte bis zu 1 Euro für die bestenNaturkorken zur Reifung langlebiger Weine.

Für den Weinfreund bleibt die Lage verkorkst: Entscheidet er sichfür Natur und Tradition, bleibt ein Restrisiko muffiger Korken. Wählter den Kunstverschluss, ist er nach Ansicht von Rainer Jung vonder Wein-Forschungsanstalt Geisenheim vor allem bei jungen Weinen aufder sicheren Seite - und doch nicht ganz vor «Korkgeschmack» gefeit.

Experten aus der Lebensmittelbranche glauben, dass der Verbraucherohnehin nur begrenzt Einfluss hat. Die am schnellen und problemlosenUmsatz interessierten Super- und Großmärkte bestehen mehr und mehrauf künstlichen Verschlüssen. Und sie verkaufen schon 60 Prozentaller Weine.

Der WWF und die Korkmacher aus Portugal fordern deshalb vonWinzern und Händlern, die Art des Verschlusses künftig auf demEtikett der Weinflaschen zu vermerken. Dann könne der Verbrauchersich entscheiden, ob er natürliche Korken will - auch der Umweltzuliebe.

Ein Forsttechniker löst Kork vom Stamm einer Korkeiche bei Ponto de Sor im Alentejo-Gebiet nordöstlich von Lissabon. (Foto: dpa)
Ein Forsttechniker löst Kork vom Stamm einer Korkeiche bei Ponto de Sor im Alentejo-Gebiet nordöstlich von Lissabon. (Foto: dpa)
dpa
Eine Weinflasche mit einem Naturkorken wird geöffnet. (Foto: dpa)
Eine Weinflasche mit einem Naturkorken wird geöffnet. (Foto: dpa)
dpa
Anteil der Verschlussarten für Weinflaschen weltweit (Grafik: dpa)
Anteil der Verschlussarten für Weinflaschen weltweit (Grafik: dpa)
dpa