Währung Währung: Harmlos oder gefährlich
Frankfurt/Main/dpa. - Der Euro und der Dollar - der unaufhaltsame Aufstieg der europäischen Währung erweist sich zum Jahresende als Dauerthema. Zu kaum einer anderen Frage gibt es so viele Meinungen von Experten, die sich täglich ändern können, und so viele Nuancen, die bei der Beurteilung der Folgen eine Rolle spielen. Eins aber ist klar: Der Euro steigt weiter und bricht täglich neue Rekorde, zuletzt die Marke von 1,24 Dollar.
Sorgen macht sich nun auch die Europäische Zentralbank (EZB). «Die größte Bedrohung ist, dass der Wechselkurs so schnell steigt, dass die Wirtschaft nicht angemessen reagieren kann», sagte der niederländische Zentralbankchef Arnout Wellink, Ratsmitglied der EZB, der «Financial Times Deutschland» (Donnerstagausgabe). Solche Äußerungen klingen für sich genommen nicht spektakulär, doch jedes Wort aus dem Mund von Notenbankern legen Beobachter auf die Goldwaage. Gleich einem Orakel darf die EZB ihre Beurteilungen und Absichten höchstens verschlüsselt andeuten - sonst würden die Märkte sofort reagieren.
Die negative Stimmung an den Devisenmärkten mit Blick auf das hohe Handelsdefizit der USA und Zweifel an der Beständigkeit des dortigen Aufschwungs lassen den Dollar weiter sinken. Angesichts der Sensibilität der globalen Kapitalmärkte, die immer auch psychologischen Einflüssen unterliegen, besteht die Gefahr, dass diese Entwicklung eines Tages eine unerwünschte Geschwindigkeit erhält. Das wäre für alle Beteiligten von Nachteil - außer vielleicht für Touristen aus Europa, die einen längeren Urlaub in den USA geplant haben.
Denn Unternehmen schätzen langfristige Planungssicherheit. Ein langsam kletternder Euro-Kurs lässt sich berechnen und mit Hilfe der Hausbanken absichern. Grundsätzlich verteuert zwar ein schwacher Dollar die Exporte deutscher und europäischer Firmen in die USA und macht sie dort weniger wettbewerbsfähig. «Dennoch: Dank steigender Exporte hat die deutsche Wirtschaft die Konjunkturwende im dritten Quartal geschafft», stellen die Volkswirte der Postbank in ihrer Einschätzung der Währungsentwicklung fest. Ganz so schädlich kann der Euro-Anstieg also nicht gewesen sein.
Hinzu kommt, dass das derzeitige Verhältnis des Euros zum Dollar umgerechnet auf alte DM-Kurse auf dem Niveau der frühen 1990 Jahre liegt - von einer Ausnahmesituation kann also noch nicht die Rede sein. Die Postbanker erwarten zwar kurzfristig eine Aufwertung des Euro auf bis zu 1,25 Dollar. Danach werde er sich jedoch bei 1,20 Dollar einpendeln.
Über solche Prognosen freuen sich alle Beteiligten. Doch die Unruhe bleibt. Sollte der Euro immer schneller immer höher klettern, könnte die EZB eine Zinssenkung in Betracht ziehen oder im Konzert mit anderen Notenbanken an den Devisenmärkten intervenieren. Über solche Maßnahmen wird jedoch bis zuletzt Rätselraten herrschen.