Waggonbau Halle-Ammendorf Waggonbau Halle-Ammendorf: Halbzug als ganze Sache

Halle/MZ. - Im Waggonbauwerk Halle-Ammendorf des Bahntechnik-Herstellers Bombardier Transportation ist ein neuer S-Bahn-Typ für die Bundeshauptstadt fertiggestellt worden. Der so genannte Halbzug der Baureihe 481, der binnen eines Jahres an den Konzern-Standorten Halle und Hennigsdorf entwickelt und gebaut worden ist, soll ab Januar/Februar 2003 auf den Berliner Gleisen verkehren. Zunächst werden drei solcher Fahrzeuge in der Praxis getestet.
"Im Halbzug sind alle vier Wagen durchgängig begehbar", verweist Projektleiter Thomas Graef auf die augenfälligste Neuerung im technischen Konzept. Bislang seien jeweils nur zwei Wagen durch einen Übergang miteinander verbunden. Die gemeinsam mit dem Auftraggeber entwickelte Idee soll vor allem die Sicherheit im Berliner Nahverkehr erhöhen. Denn der Lokführer kann vom Führerstand aus den gesamten, 72Meter langen Zug einsehen. Damit können Vorfälle unterbunden oder zumindest schnell erkannt werden, so hoffen die S-Bahn-Betreiber.
Auch die Waggonbauer verknüpfen eine leise Hoffnung mit dem neuen Fahrzeug. "Vielleicht ist das ein Schritt in Richtung neuer Aufträge", formuliert Graef sehr vorsichtig. Letztlich hänge aber alles von den Beschaffungsplänen der S-Bahn ab. Denn der Fuhrpark sei gerade in den vergangenen Jahren erneuert worden. 400S-Bahn-Züge, von denen zwei Drittel in Halle und der Rest Hennigsdorf aufs Gleis gestellt wurden, sind bereits ausgeliefert. Weitere 100 folgen bis Mitte 2004. Was danach kommt, ist offen.
"2003 fahren wir in Ammendorf wieder volle Last", gewinnt Standort-Sprecher Bernd Schreiter der Situation die positive Seite ab. Neben dem S-Bahn-Auftrag stünden auch Nahverkehrszüge für den Rhein-Neckar-Verkehrsverbund und eine neue Generation von Neigetechnik-Expresszügen im Programm. Damit könnte schon ab Jahresbeginn die lange Durststrecke überwunden sein, die das Werk in diesem Jahr gezwungen hatte, den Großteil der 860Mitarbeiter auf Kurzarbeit zu setzen.
Kurz nach dem Jahreswechsel werde voraussichtlich auch das im Aufbau befindliche Kompetenz-Zentrum, das dem Standort nach Auslaufen der Zugproduktion eine Zukunft geben soll, seinen Betrieb aufnehmen. Darin sollen laut Schreiter "intelligente Bauteile für die Innenausstattung von Fahrzeugen in ganz Europa" entwickelt und gebaut werden.
Diese Ausrichtung auf Zulieferungen und Serviceleistungen, die Bombardier für Ammendorf plant, ist dem stellvertretenden Betriebratsvorsitzenden Hans-Joachim Ratsch zu wenig. "Um den Standort voll zu erhalten, brauchen wir auch den Innenausbau und die komplette Fertigung von Fahrzeugen", mahnt er neue Überlegungen im Konzern an.