VW-Prozess: Uhl sagt über «Beiprogramm» bei Dienstreisen aus
Braunschweig/dpa. - Im Prozess um die VW-Affäre hat der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Uhl als Zeuge über das «Beiprogramm» im Rotlicht-Milieu bei Dienstreisen ausgesagt.
Der Ex-VW-Betriebsrat sagte am Dienstag vor dem Landgericht Braunschweig, auf Reisen «habe es sich so ergeben», dass Nachtclubs und Prostituierte besucht wurden. Ihm sei völlig klar gewesen, dass der angeklagte Ex-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer die Rechnungen nicht privat bezahlt habe. Am Mittwoch sagt vor dem Landgericht der frühere VW-Vorstandschef und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch als Zeuge aus. Piëch bestreitet jede Verwicklung in die Affäre.
Gebauer, der im Auftrag des früheren VW-Personalvorstands Peter Hartz Lustreisen und Partys mit Prostituierten für Betriebsräte und Manager organisierte, ist wegen Untreue angeklagt. Der frühere Betriebsratschef Klaus Volkert ist wegen Anstiftung zur Untreue angeklagt. Er soll Hartz angestiftet haben, ihm Sonderboni in Höhe von insgesamt fast zwei Millionen Euro zu zahlen.
Hartz hatte bei seiner Vernehmung im Dezember jedoch gesagt, die Sonderboni seien allein seine Idee gewesen. Er hatte damit auch Piëch entlastet. Bereits bei seiner Verurteilung vor einem Jahr zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe von 576 000 Euro hatte Hartz die volle Verantwortung übernommen.
Uhl war viele Jahre Geschäftsführer des VW-Gesamtbetriebsrats. Zur Bedeutung des Betriebsrats bei VW sagte Uhl, dieser sei mit dem Vorstand «auf gleicher Augenhöhe» gewesen. Der Vorstand habe den Betriebsrat «ernstgenommen». Ein Erfolg des VW-Betriebsrates sei es gewesen, Massenentlassungen zu verhindern.
Uhl vermutete, dass Volkert und Gebauer den Kreis derjenigen ausgesucht hätten, die bei Dienstreisen etwa in Nachtclubs mitgenommen wurden. Auch ihn habe Gebauer «wohl» angesprochen, ob er mitkäme. Gebauer habe ihm auch Bargeld gegeben, an die Summen könne er sich nicht mehr erinnern. «Dass es nicht richtig war, weiß ich jetzt», sagte Uhl. Gebauer habe immer viel Geld dabei gehabt. Dienstferne Veranstaltungen seien von ihm abgerechnet worden.
Im Juni 2007 hatte das Amtsgericht Wolfsburg Uhl zu einer Geldstrafe von 39 200 Euro verurteilt. Uhl hatte nach langem Leugnen gestanden, an Sexpartys auf Firmenkosten teilgenommen zu haben.
Eine von Gebauers ehemaligen Sekretärinnen sagte am Dienstag aus, sie habe in seinem Auftrag eine Wohnung in Braunschweig angemietet. «Es war uns schon klar, dass die Wohnung von Herrn Hartz und Volkert genutzt werden soll», sagte die Zeugin. Gebauer hätte gesagt, dass die Wohnung für Damenbesuche gedacht sei. Die Wohnung sei komplett renoviert und eingerichtet, nach einem Jahr jedoch aufgegeben worden. Die Belege über die Renovierung habe sie auf Anweisung von Gebauer vernichtet. Sie und ihre Kolleginnen hätten auch mitbekommen, dass Gebauer bei der Organisation von Reisen auch Hostessen und Clubs ausgesucht habe.
«Wir persönlich fanden es nicht richtig», sagte die Frau. Sich an höherer Stelle, etwa beim Vorstandsvorsitzenden, zu beschweren, sei ihr damals jedoch nicht in den Sinn gekommen. Ihrer Meinung nach war alles vom Vorstand abgesegnet. «Ich wäre nicht gern die Frau gewesen, die das Ganze ins Rollen gebracht hat», sagte sie. Zudem habe sie ihren Arbeitsplatz nicht durch eine Beschwerde gefährden wollen.