1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Volkswagen: Volkswagen: VW befindet sich im Umbruch

Volkswagen Volkswagen: VW befindet sich im Umbruch

Von Eva Tasche 06.12.2006, 13:26

Wolfsburg/dpa. - Der neue Mann am Steuer hat seine Zukunftspläne offiziellnoch nicht präsentiert - angeblich will er den Konzern aber völligneu aufstellen. Aufsichtsratschef und Porsche-Enkel Ferdinand Piëchsieht unterdessen seine Macht gestärkt, nachdem der Sportwagenbauerals größter Aktionär seinen Anteil an VW immer weiter erhöht hat. Undtrotz aller Dementis reißen die Gerüchte nicht ab, Porsche wolle VWübernehmen und zerschlagen.

Die Palastrevolution kam zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt. DennVW steckt in einer tiefen Krise und schreibt bei seinem wichtigstenModell, dem Golf, rote Zahlen. Die Fahrt aus der Misere hatte nachder jüngsten Tarifeinigung mit der IG Metall gerade erst begonnen.Wie die neue VW-Führung aussehen wird und wie sie die Problemeangehen will, ist ungewiss. Das gilt auch für die Frage, ob dietreibende Kraft bei der Sanierung der Kernmarke, VW-MarkenchefWolfgang Bernhard, in Wolfsburg bleibt.

Nach der 2005 aufgeflogenen Korruptionsaffäre, die noch aus seinerZeit als VW-Chef stammt, entfesselte Piëch, der mächtige Patriarchbei VW, einen Machtkampf, der Pischetsrieder schließlich dieKonzernführung kostete. Der Skandal um Schmiergeld, schwarze Kassenund gekaufte Betriebsräte wird 2007 ein juristisches Nachspiel haben.Für die Geschäftsentwicklung bei VW sind die Aussichten im nächstenJahr nicht gerade rosig.

Der Automarkt in Westeuropa gilt als gesättigt, die Geschäfte inÜbersee werden von schwierigen Wechselkursbedingungen oder hohenImportzöllen belastet. Zudem ist VW in den vergangenen Jahren immerteurer geworden. Das Stammgeschäft wurde vernachlässigt, der Einstiegins Luxussegment zahlte sich nicht aus. Aus dieser Malaise wolltenPischetsrieder und Bernhard die Kehrtwende einleiten. Nur durch einhartes Sparprogramm hatte VW im vergangenen Jahr überhaupt noch Geldverdient. Ohne die 3,5 Milliarden Euro im Sparprogramm «ForMotion»wäre das Unternehmen operativ in die Verlustzone geraten.

Neue Modelle sollen VW nun voranbringen, Stellenabbau und längereArbeitszeiten ohne Lohnausgleich Kosten senken. Erst Ende Septemberhaben Management und IG Metall mehr Arbeitsstunden zum gleichen Lohnin den sechs westdeutschen Werken vereinbart. Im Gegenzug erkämpftedie Gewerkschaft Produktionszusagen für die einzelnen Werke. DerWirbel um den Standort Brüssel, der die Golf-Montage zu Gunsten desStammwerkes abgeben soll, zeigt, dass es jetzt erst ans Eingemachtegeht. Und es ist erst der Anfang: Die Vereinbarungen müssen nochumgesetzt werden. Immerhin stehen 20 000 Stellen und damit jederfünfte Job in Westdeutschland auf dem Prüfstand.

Und der Sanierungskurs ist noch lange nicht vorbei. Das betonendie Manager des Wolfsburger Autobauers immer wieder. «Wenn daswichtigste Auto, der Golf, in den roten Zahlen ist, dann ist die Weltbei VW nicht in Ordnung», sagte kürzlich VW-Personalvorstand HorstNeumann. In den ersten neun Monaten 2006 haben neue Modelle, wie dasCabrio Eos sowie neue Varianten von Polo und Passat Absatz und Umsatzzwar beflügelt. Die Sanierung kostete aber einen guten Teil derErträge - vor allem Abfindungen und der im jüngsten Tarifabschlussmit der Belegschaft vereinbarte zusätzliche Rentenbaustein.

In der Modellpolitik droht 2007 zudem eine Durststrecke. Zwar sollder neue Golf Variant auf den Markt kommen. Aber wichtige neueVolkswagen, wie der kleine Geländewagen Tiguan oder der Nachfolgerdes legendären Scirocco werden erst ab 2008 auf der Straße zu sehensein. Von Januar bis September 2006 musste VW wegen der Belastungendurch die Restrukturierung schon prozentual zweistellige Einbußen beiden Ergebnissen hinnehmen. Der Konzern verbuchte unterm Strich einenGewinn nach Steuern von 1,2 Milliarden Euro (Vorjahr 685 Millionen).Darin enthalten waren jedoch allein 0,8 Milliarden Euro aus demVerkauf von Europcar.

«In diesem Jahr stellen wir die Weichen für die Zukunft», sagteFinanzvorstand Hans Dieter Pötsch bei der Vorstellung der Zahlen.Obwohl die Modelloffensive sich ausgezahlt habe, sei VW von denmittelfristigen Konzernzielen - Ergebnissteigerung um vier MilliardenEuro bis 2008 - noch weit entfernt. Aber ob Pötsch seinen Job behält,ist ebenfalls offen.