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Volkswagen Volkswagen: Vorstandschef Pischetsrieder geht Ende Dezember

07.11.2006, 18:59
VW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder und Audi-Chef Martin Winterkorn am 7. März 2006 vor Beginn der Bilanzpressekonferenz in Wolfsburg (Foto: dpa)
VW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder und Audi-Chef Martin Winterkorn am 7. März 2006 vor Beginn der Bilanzpressekonferenz in Wolfsburg (Foto: dpa) dpa

Wolfsburg/dpa. - Dies teilte die Volkswagen AG am Dienstagabend in Wolfsburg mit.

Über die Hintergründe wollte sich VW am Dienstagabend nichtäußern. In der lediglich neun Zeilen langen Mitteilung hieß es nur,das Präsidium des VW-Aufsichtsrates und Pischetsrieder hätten sich«einvernehmlich» auf die Trennung verständigt. Diese Sprachregelungdeutet üblicherweise auf Auseinandersetzungen an der Spitze hin. AusPorsche-Kreisen war zu hören: «Das kam heute für uns nichtüberraschend.» Dem VW-Präsidium gehört auch Porsche-Chef WendelinWiedeking an. Porsche ist derzeit mit 21,2 Prozent größterAnteilseigner von VW vor dem Land Niedersachsen. Offiziell hieß esbei Porsche nur: «wir kommentieren diesen Vorgang nicht.»

Das Präsidium des Aufsichtsrates empfahl die Berufung vonWinterkorn zum neuen Vorstandschef von VW. Darüber werde derAufsichtsrat am 17. November entscheiden, hieß es in der Mitteilung.VW-Aufsichtsratschef ist Pischetsrieders Vorgänger Ferdinand Piëch.Nach Informationen der ARD-«Tagesschau» soll Piëch dieArbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hinter sich gebracht haben, umPischetsrieder zu entmachten. Nach Einschätzung des AutoexpertenFerdinand Dudenhöffer hat Pischetsrieder selbst den Schritt zumRückzug gemacht, um einer späteren Demütigung zuvor zu kommen. DenAusschlag habe wahrscheinlich die vor wenigen Tagen von Porscheerwogene Aufstockung der VW-Anteile auf 29,9 Prozent gegeben, soDudenhöffer.

Winterkorn ist seit März 2002 Audi-Vorstandschef. Der 59 Jahrealte Manager steht vor einer schweren Aufgabe, da die Marke VW in derKrise ist und mit einem tief greifenden Sanierungsprogramm wiederflott gemacht werden muss. Bei Audi hatte der grundsolide Schwabezuletzt Absatzerfolge gefeiert.

Europas größter Autohersteller steht unter starkem Druck. DieMarke VW kämpft mit Ertragsproblemen, die das Kerngeschäft desKonzerns im vergangenen Jahr an den Rand der roten Zahlen brachten.Die westdeutschen Werke - Rückgrat der VW-Produktion - hatten einendreistelligen Millionenverlust verzeichnet. Deshalb hattePischetsrieder im Frühjahr der Traditionsmarke eine tief greifendeRestrukturierung verpasst. Er stellte zur Sanierung der Marke VW20 000 Stellen auf den Prüfstand.

An der Börse wurde die Nachricht positiv aufgenommen. «DieVeränderung kommt überraschend, insbesondere die Nachfolge dürfte mitdem Audi-Lenker jedoch sehr gut gelungen sein», sagte ein Händler.«Der Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch und AnteilseignerPorsche werden auf diese Lösung gedrängt haben.» Ein andererBörsianer kommentierte: «Winterkorn dürfte vor dem Hintergrund seinererfolgreichen Arbeit bei Audi bei den Investoren sehr gut ankommen.»Die Stammaktien legten auf dem Frankfurter Parkett zuletzt um 1,40Prozent auf 81,67 Euro zu.

Pischetsrieders Laufbahn hatte schon einmal eine überraschendeWende genommen. Als der Ex-BMW-Chef 1999 seinen Stuhl in Münchenwegen des Debakels um die britische Rover-Tochter räumen musste,schien seine Laufbahn in der Automobilbranche zu Ende. Doch holte ihnPiëch nur ein Jahr später zu VW. Im April 2002 wurde PischetsriederNachfolger Piëchs an der Konzernspitze. Der Vertrag des VW-Lenkerswar erst im Mai bis 2012 verlängert worden.

Ende September gelang nach einem monatelangen Ringen einDurchbruch in den Verhandlungen mit der IG Metall. Die Gewerkschaftstimmte im Kern deutlich längeren Arbeitszeiten ohne Lohnausgleichzu. Damit wurde bei VW die Abkehr von der seit 13 Jahren geltendenVier- Tage-Woche besiegelt. Im Gegenzug gab der Autoherstellerverbindliche Zusagen für die langfristige Zukunft der sechswestdeutschen Werke.

Zuletzt zeigten sich erste Erfolge bei der Restrukturierung beiVW. Von Januar bis September konnte VW Absatz und Umsatz kräftigsteigern, der operative Ertrag sank zwar durch die Sanierungskostenum mehr als 27 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro im Konzern. DieMarkengruppe Volkswagen, zu der auch Bentley, Bugatti und Skodagehören, steigerte das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen von100 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wünschtsich nach dem angekündigten Führungswechsel bei Volkswagen eineFortsetzung des bisherigen Unternehmenskurses. «Die niedersächsischeLandesregierung dankt Bernd Pischetsrieder für die erfolgreicheFührung der Volkswagen AG in den letzten viereinhalb Jahren», sagteWulff am Dienstagabend. «Die Landesregierung wünscht Prof. Dr. MartinWinterkorn - vorbehaltlich der Bestätigung durch den Aufsichtsrat am17. November 2006 - viel Erfolg. VW ist auf einem guten Weg, derkonsequent weiter beschritten werden muss», so Wulff.