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Volkswagen Volkswagen: Klassenkampf mit Fackelzug in Kassel und Hannover

29.10.2004, 06:04
VW-Mitarbeiter des Volkswagenwerks Kassel in Baunatal stehen am Freitag (29. Oktober 2004) kurz nach Mitternacht mit Fackeln vor dem Werk. Rund 1500 Beschäftigte der Nachtschicht haben sich zu einem ersten Warnstreik zusammengefunden. (Foto: dpa)
VW-Mitarbeiter des Volkswagenwerks Kassel in Baunatal stehen am Freitag (29. Oktober 2004) kurz nach Mitternacht mit Fackeln vor dem Werk. Rund 1500 Beschäftigte der Nachtschicht haben sich zu einem ersten Warnstreik zusammengefunden. (Foto: dpa) dpa

Wolfsburg/dpa. - Im festgefahrenen Tarifkonflikt bei Volkswagensieht sich Europas größter Autobauer erstmals seit 1995 mitWarnstreiks konfrontiert. Nachdem die Tarifgespräche in der Nacht zumFreitag abermals ohne erkennbare Fortschritte vertagt wurden, riefdie IG Metall zu befristeten Arbeitsniederlegungen auf. Gleich zumEnde der Friedenspflicht um Mitternacht legten tausende VW-Beschäftigte zeitweise die Arbeit nieder. In der nächsten Woche sollder Druck auf das VW-Management mit weiteren Aktionen noch erhöhtwerden.

Am Montag, wenn die Verhandlungen für die rund 103 000Beschäftigten in den sechs westdeutschen Werken in sechster Runde inHannover fortgesetzt werden, wollen erneut mehrere tausendBeschäftigte die Arbeit unterbrechen. Geplant sind nach IG Metall-Angaben bisher befristete Warnstreiks in fünf VW-Werken, und zwar inBraunschweig, Emden, Kassel, Salzgitter sowie im Stammwerk Wolfsburg.

Nach der Vertagung der Tarifgespräche hatten in der Nacht zumFreitag rund 4000 VW-Beschäftigte in Hannover, Baunatal bei Kasselund Braunschweig für eine Stunde die Arbeit niedergelegt. Für dieostdeutschen VW-Werke gilt ein eigener Tarifvertrag.

VW-Beschäftigte warfen der Unternehmensleitung am FreitagManagementfehler vor. Aus Angst um ihren Arbeitsplatz sind viele VW-Arbeiter aber zugleich bereit, die von VW geforderte Nullrunde zuakzeptieren. «Für einen sicheren Arbeitsplatz wäre ich bereit, einoder zwei Jahre auf eine Lohnerhöhung zu verzichten. Draußen sindviele Leute noch schlechter dran», meinte etwa Wolfgang Lehmann,Fahrer in der Produktion in Wolfsburg.

Die IG Metall fordert vor allem eine Arbeitsplatzgarantie in einemTarifvertrag und eine Lohnerhöhung von zwei Prozent. Ursprünglichhatte die Gewerkschaft vier Prozent mehr Geld verlangt. IG Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine hatte zudem bereits eine weitereKompromissbereitschaft beim Thema Lohnerhöhung angedeutet. VW dagegensieht keinen Spielraum für Einkommenserhöhungen und verlangt einezweijährige Nullrunde. Meine kritisierte zudem die weitergehendeAbsicht von VW, die Einkommen der Beschäftigten für mehrere Jahreeinzufrieren. Dies sei faktisch eine mehrjährige Nullrunde.

Volkswagen will massive Kostensenkungen in den westdeutschenWerken durchsetzen. Die Arbeitskosten sollen bis 2011 um rund zweiMilliarden Euro oder 30 Prozent gesenkt werden. VW-VorstandschefBernd Pischetsrieder betonte am Freitag in Peking, an der Forderungnach einer Nullrunde werde festgehalten. «Es kann in niemandesInteresse sein, dass es tatsächlich zum Streik kommt», sagte der VW-Chef. «Auf der anderen Seite muss jetzt einfach der Einstieg in dieKostenreduzierung stattfinden.»

VW dürfe nicht in eine Situation kommen, in der Standortegeschlossen und Personal abgebaut werden müssten. Zur Forderung nachArbeitsplatzgarantien sagte der VW-Chef, die Kosten in Deutschlandmüssten mit anderen Standorten wettbewerbsfähig sein: «DieBeschäftigung als solche können nur die Kunden garantieren, in demsie unsere Autos kaufen.»

IG Metall-Landeschef Meine dagegen hatte kritisiert, VW sei derGewerkschaft bisher nicht entgegengekommen und habe damit die letzteChance zur Einigung innerhalb der Friedenspflicht vergeben. EinenStreik - es wäre der erste in der VW-Geschichte - wolle aber auch dieIG Metall nicht, bekräftigte ein Sprecher am Freitag.

(Grafik: dpa)
(Grafik: dpa)
dpa