Volker Lösch Volker Lösch: Diskretion ist Ehrensache
Halle (Saale)/MZ. - Manchem Künstler genügt ein einziger zündender Gedanke für eine ganze Karriere: Seitdem der Regisseur Volker Lösch vor sieben Jahren erstmals einen Laienchor in seine Dresdner Inszenierung der "Orestie" einband, gilt er als Wiederentdecker von Volkes Stimme auf dem Theater. Und nachdem er ein Jahr später Hauptmanns "Die Weber" in eine wütende Tirade von sozial benachteiligten Mitbürgern übersetzte, die sogar das Berliner Landgericht beschäftigte, gehört er zu den Jet-Settern des Schauspiel-Betriebs. Nun aber ist der 1963 in Worms geborene Überflieger zum ersten Mal abgestürzt: Seine an der Berliner Schaubühne geplante Version von Georg Kaisers Drama "Von morgens bis mitternachts" musste wegen mangelnder Beteiligung vorerst auf Eis gelegt werden.
Dabei hatte Lösch diesmal eher die Privilegierten im Blick: Ein Chor von Bankangestellten sollte die Geschichte begleiten. Doch "leider haben sich nicht genügend Leute gefunden, die über das Leben im Bankgeschäft berichten können, dürfen oder wollen", sagt der enttäuschte Regisseur. Den gemeinen Bankkunden freilich wird diese Nachricht freuen: Immerhin ist Diskretion die Seele jedes Geschäftes, in dem es ums Geld geht.
Als Ersatz für die geplatzte Aktion hat Lösch nun übrigens seinen Plan B aktiviert - und dabei abermals eine Berufsgruppe in den Blick genommen, die ihr Geld mit Diskretion verdient. Dennoch, so Lösch, seien bei seiner Fassung von Frank Wedekinds "Lulu" keine Probleme zu erwarten. Denn in diesem Stück über eine Femme fatale will er den Chor mit Prostituierten bestücken.