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Vodafone-Chef tritt trotz guter Zahlen zurück

27.05.2008, 13:22

Düsseldorf/dpa. - Friedrich Joussen ist voll des Lobes über den Mann: Vodafone-Vorstandschef Arun Sarin «übergibt eine wohl geordnete Firma an seinen Nachfolger», sagte der Deutschland-Chef des weltweit größten Mobilfunkkonzerns am Dienstag in Düsseldorf zum überraschenden Rückzug des Top-Managers.

Fünf Jahre lang stand der 1954 in Indien geborene Sarin an der Spitze des britischen Unternehmens, dass im Jahr 2000 nach einer mehrmonatigen Übernahmeschlacht den Mannesmann-Konzern geschluckt hatte und zum Branchenprimus aufgestiegen war.

Tatsächlich verlässt Sarin nach einer langen Durststrecke mit milliardenschweren Verlusten ein inzwischen genesenes Unternehmen. «Wir haben im vergangenen Jahr mit unserer Strategie große Fortschritte gemacht und unsere Prognosen in allen Geschäftsfeldern erfüllt oder übertroffen», erklärte der scheidende Vodafone-Chef. So schrieb der Mobilfunkkonzern im Geschäftsjahr 2007/2008 (31. März) zum ersten Mal in seiner Amtszeit unter dem Strich wieder schwarze Zahlen.

Das Nettoergebnis belief sich auf 6,7 Milliarden britische Pfund, nach einem Verlust von 4,8 Milliarden Euro im Vorjahr. In allen Kennzahlen lieferte Sarin zum Ende seiner Vodafone-Karriere eine positive Bilanz ab. Der Umsatz des Unternehmens mit weltweit gut 70 000 Beschäftigten und 260 Millionen Kunden kletterte, auch bedingt durch Zukäufe, um 14 Prozent auf 35,5 Milliarden Pfund. Etwa 20 Prozent davon entfallen auf Deutschland. Damit bleibt die deutsche Tochter das Zugpferd im Vodafone-Konzern.

In den Jahren zuvor hatten Abschreibungen und Wertberichtigungen von Vermögensteilen unter anderem durch den Mannesmann-Erwerb und andere Beteiligungszukäufe den Konzern zum Teil tief in die roten Zahlen gerissen. Sarin verordnete nach einer langen Phase einer ungezügelten Expansion dem Unternehmen eine Atempause, um die Zukäufe zu verdauen.

Es ging auch darum, die UMTS-Technik mit neuen Produkten erfolgreich im Markt zu platzieren. Die deutsche Mobilfunktochter steht heute kurz davor, mit UMTS-Datendiensten mehr zu erlösen als mit dem beliebten Kurznachrichtendienst SMS. In diesem Jahr soll die Milliarden-Umsatzschwelle übertroffen werden.

Gleichwohl verlor Sarin nie den Blick für Zukäufe im Ausland. Anfang 2007 griff er in Indien zu und erwarb dort für 13 Milliarden US-Dollar den Mobilfunkanbieter Hutch Essar. Ein Jahr zuvor hatte der Vodafone-Chef das wenig lukrative Japan-Geschäft veräußert und in der Türkei den Netzbetreiber Telsim erworben. Kein anderes Unternehmen der Mobilfunkbranche in Europa verfügt heute über eine derart engmaschige Netzabdeckung wie Vodafone.

Am 29. Juli, nach der Aktionärsversammlung, von Vodafone, ist nun Schluss für Sarin. Er übergibt den Stab an seinen Stellvertreter Vittorio Colao, der früher bei der italienischen Mannesmann-Tochter Omnitel gearbeitet hatte und von Sarin erst vor zwei Jahren zu Vodafone zurückgeholt worden war.

Wenn er über seine Erfolge spricht, nennt Sarin vor allem die neue Strategie, die er in seiner Amtszeit umgesetzt habe. Denn anders als bei seinem Amtsantritt 2003 entwickelt sich Vodafone heute weg vom reinrassigen Mobilfunkbetreiber hin zu einem integrierten Telekom- Konzern mit Mobilfunk- und Breitbandangeboten. Die deutsche Mobilfunktochter und ihre Schwester Arcor sollen die Blaupausen für andere Landesgesellschaften liefern.

Dabei wollte Vodafone ihre einst belächelte Festnetztochter Arcor ursprünglich an die Börse bringen. Doch bei Sarin setzte sich offenbar die Erkenntnis durch, dass bei zunehmender Marktsättigung und dem harten Preiswettbewerb auf den reifen Märkten mit dem reinem Mobilfunk kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist.

Erst vor wenigen Wochen übernahm Vodafone die restlichen Arcor- Anteile, die bei der Deutschen Bahn lagen. «Wir sind ein strategischer Investor für Arcor und werden langfristig im Thema Festnetz bleiben», versichert Joussen. Mit 2,6 Millionen DSL-Kunden sieht sich Vodafone gemeinsam mit Arcor als wichtigster Konkurrent der Deutschen Telekom. «Wir haben heute die Größe, um erfolgreich zu sein», sagt Joussen.