Verletzte Seelen Verletzte Seelen: Wenn die Hand ausrutscht
Halle/MZ. - Jeden Morgen gibt es den gleichen Ärger: Die Tochter sträubt sich, in den Kindergarten zu gehen. Am Nachmittag zanken sich die Geschwister - wie fast jeden Tag. Und abends immer wieder das gleiche Drama um die Frage, wann Schlafenszeit ist - wozu Eltern und Kinder grundsätzlich verschiedene Meinungen haben.
Solche und ähnliche Situationen sorgen in Familien nicht nur für Frust und Streit, sie enden auch manchmal in Gewalt gegen Kinder. "Aber Gewalt bedeutet immer eine Verletzung der Kinderseele, egal ob es starke oder schwache Gewalt ist", sagt Brunhilde Ott, Fachberaterin beim Deutschen Kinderschutzbund in Halle und Leiterin des auf der Silberhöhe angesiedelten Kinder- und Jugendhauses "Blauer Elefant".
"Es ist menschlich, wenn jemandem einmal die Hand ausrutscht", glaubt Ott dennoch, "aber dann ist es wichtig, mit dem Kind darüber zu reden, wie es dazu gekommen ist, und dass sich auch die Mutter oder der Vater damit nicht gut fühlt." Denn gerade die zunehmende Sprachlosigkeit zwischen Eltern und Kindern hält die Fachfrau für ein Grundproblem. Aus diesem Grund macht der Kinderschutzbund zahlreiche Angebote im Bereich der Familienbildung, bei dem Eltern und Kinder wieder ins Gespräch miteinander kommen können.
Sei es in Form einer Krabbelgruppe, bei der auch Eltern und Großeltern Erfahrungen austauschen können, bei einem Elternstammtisch, der sich zweimal wöchentlich trifft, oder im Kinderkleidercafé, wo Interessierte nicht nur nach etwas Passendem suchen können, sondern auch bei einer Tasse Kaffee über ihre Sorgen reden können. Sehr häufig ist dies der Weg, auf dem der Kinderschutzbund überhaupt in Kontakt zu einer Familie kommt. "An Kleiderspenden für Kinder und Erwachsene sind wir immer interessiert", betont Ursula Treumer, die für die Familienbildung beim Kinderschutzbund zuständig ist.
Angeboten werden jetzt auch wieder kostenlose Eltern-Seminare zu verschiedenen Themen. "Wir wollen hierbei zum Nachdenken anregen und geben keine fertigen Lösungsvarianten vor", betont Brunhilde Ott.
Kostenlos sind die Seminare übrigens, da sie durch ein Projekt über die Stadt Halle finanziert werden. Aber nicht nur Eltern, Erzieher oder Hortgruppenleiter aus Halle, sondern auch aus dem Saalkreis können ihr Interesse anmelden. Bei Bedarf kommen die Mitarbeiter des Kinderschutzbundes auch vor Ort. Mindestens drei bis vier, maximal zehn Interessierte können am Kurs teilnehmen.
Ebenfalls kostenlos verschickt der Kinderschutzbund abwechslungsreich gestaltete Elternbriefe, die die Entwicklung des Kindes von der Geburt bis zum achten Lebensjahr in 48 Briefen begleiten. Wichtige Tipps zur Ernährung, Krankheit, Gefühlsleben und anderem werden passend zu dem Alter des Kindes gegeben. Lediglich das Porto muss der Empfänger zahlen - oder den Elternbrief kostenlos beim Kinderschutzbund am Anhalter Platz 1 (06132 Halle-Silberhöhe) abholen.