Verfassungsschutz wird Linke weiter beobachten
Berlin/dpa. - Die größte Bedrohung für Deutschland sind nach den Worten von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) weiterhin islamistische Terroristen. Zu Anschlägen sei es bisher Dank der guten Arbeit der Geheimdienste nicht gekommen.
«Wir müssen dieser unverändert hohen Bedrohung mit allen Mitteln des Rechtsstaats entgegentreten», sagte er bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2007 am Donnerstag in Berlin. Wären im vergangenen Jahr im Sauerland Pläne von Terroristen nicht vereitelt worden, hätte es wohl «weit verheerendere» Anschläge als in Madrid und London gegeben.
Verfassungsschutzchef Heinz Fromm sagte: «Wir haben es mit einer Bedrohung zu tun, die sehr, sehr nah ist für Deutschland.» Gründe dafür seien der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und das Erstarken des Terrornetzwerks El Kaida. Gewaltbereite Islamisten versuchten laut Bericht auch in Deutschland, Anhänger zu rekrutieren.
Nach dem Jahresbericht sank die Zahl politisch motivierter Straftaten 2007 gegenüber dem Vorjahr leicht auf 28 538. Die Zahl rechtsextremer Gewalttaten ging leicht auf 980 zurück, die Zahl der als Neonazis eingestuften Bürger stieg um 200 auf 4400. Als «neue Qualität» wertete Schäuble Aktivitäten rechtsextremer Autonomer in schwarzen Blocks wie bei einer Demonstration zum 1. Mai in Hamburg.
Die Zahl linksextremer Gewaltdelikte sank auf 833. Bei «politisch motivierter Kriminalität - links» verzeichnet der Bericht einen Anstieg um 396 auf 2765 Delikte. Linksextremisten könnten große Mengen gewaltbereiter Anhänger mobilisieren, sagte Schäuble. Die Zahl der Anhänger rechtsextremer Szenen gingen 2007 laut Bericht von 38 600 auf 31 000 zurück, bei den Linksextremen stieg die Zahl um 100 auf rund 30 800 Personen.
Schäuble kündigte an, das Bundesamt für Verfassungsschutz werde die Partei Die Linke weiter beobachten und auch deren Bundesparteitag Ende Mai in Cottbus im Blick haben. Nach ihrer Programmatik solle die herrschende Staats- und Gesellschaftsform überwunden werden. Fromm verwies aber darauf, dass sein Amt für die Beobachtung der Linken nur sehr wenig Personal habe «und brauche». Die Linke selbst bezeichnet die Beobachtung als Unverschämtheit und verweist auf ihre Arbeit in zehn Landtagen und im Bundestag.
Schäuble setzte sich dafür ein, dass nicht nur das Bundeskriminalamt (BKA), sondern auch das Bundesamt für Verfassungsschutz mehr Fahndungsmöglichkeiten bekommt. Mit der geplanten Erweiterung der BKA-Kompetenzen durch die BKA-Novelle zeigte er sich zufrieden. Künftig müsse zudem auch über eine bessere Rechtsgrundlage debattiert werden, auf der die Sicherheitsbehörden Wohnungen heimlich betreten dürfen, forderte der Innenminister.
Ein neues Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD hat nach Schäubles Einschätzung derzeit keine Aussicht auf Erfolg. Es gebe momentan keine Erkenntnisse über die Partei, die mit Sicherheit die Kriterien des Bundesverfassungsgerichtes für ein neues Verfahren erfüllten. 2003 war ein Verbotsverfahren in Karlsruhe gescheitert, weil sich herausgestellt hatte, dass ein Teil der Partei durch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes gesteuert worden war. Schäuble sagte, für ein neues Verfahren müsste der Verfassungsschutz seine Verbindungsleute zunächst «abschalten».
Fromm teilte mit, die deutsche Wirtschaft werde zunehmend ausspioniert. Es gebe ein wachsendes Interesse anderer Staaten, Informationen aus der deutschen Wirtschaft auf illegale Weise zu beschaffen. Ferner wehre das Amt Spionage-Aktivitäten im Bereich der sogenannten Proliferation ab: Es müsse verhindert werden, dass Material das Land verlasse, das zur Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen dienen könnte.