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Verbraucherschutz Verbraucherschutz: Call Center-Branche befürchtet Job-Verlust

Von Rainer Gummelt 25.06.2003, 15:36
Archivbild eines Call-Centers. (Foto: dpa)
Archivbild eines Call-Centers. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Halle/MZ. - Verbraucher sollen besser vor unaufgeforderten Telefonanrufen geschützt werden. Das sieht das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor, das am Anfang kommenden Jahres in Kraft treten soll. Verbraucherschützer begrüßen die künftige Regelung. Call Center-Betreiber hingegen laufen dagegen Sturm.

Für tausende von Mitarbeitern in Call Centern könnte das den Arbeitsplatz kosten, warnte der Hamburger Rechtsanwalt Stefan Engels, vor Call Center-Managern in Halle. Auch schon in seiner bisherigen Form regele das Gesetz streng, wer wann aus welchem Anlass zu Werbezwecken angerufen werden darf. Unter diesen Bedingungen sind die Call Center zur einzigen Branche in Deutschland aufgestiegen, wo Jobs in großer Zahl entstehen. Allein in den vergangenen beiden Monaten haben der Allgemeine Deutsche Automobilclub und die MCS Marketing & Call Service angekündigt, in Halle fast 1000 Stellen an Telefonen zu schaffen. Von den 4000Stellen in Sachsen-Anhalt wären 2000 bedroht, mahnen die Telefon-Experten.

"Das Gesetz soll und wird abschreckend wirken", fasst der Jurist aus der internationalen Kanzlei Lovells, die große namhafte Verlage berät, die Funktion des neuen UWG zusammen. Es verbiete nicht nur verdeckte Werbung und die Kopplung von Geschäften zum Beispiel von Gewinnspielen mit Warenverkauf und Dienstleistungen, sondern Telefonmarketing überhaupt. Es stellt nach Auffassung des Gesetzgebers eine unerträgliche Belastung dar. Deshalb sei ein vorheriges Einverständnis erforderlich, beschreibt Engels den Schutzwall, den das Gesetz um Verbraucher errichten will.

Vieles davon gilt zwar bereits jetzt. Aber bisher habe sich der Gesetzgeber bei Verstößen gegen das UWG mit Abmahnungen, gewissermaßen mit dem erhobenen Zeigefinger, zufrieden gegen. "Den Unternehmen werden erhebliche Risiken auferlegt", empört sich Engels. Denn der durch angeblich unlautere Tätigkeit erzielte Gewinn müsse an den Staat abgeführt werden. Gerade das begrüßen Verbraucherschützer. "Es darf nicht sein, dass sich Firmen durch unlautere Werbung Wettbewerbsvorteile verschaffen und dabei Kunden häufig auch noch schädigen", sagt Gabriele Emmrich, Juristin bei der Verbraucher-Zentrale Sachsen-Anhalt. Immer mehr Menschen fühlen sich nach ihren Worten von unerwünschten E-Mails, Fax und Telefonanrufen belästigt.

Auch für Emmrich sind die Regelungen nicht neu. Sie begrüßt, dass sie Gesetzeskraft erhalten und damit bei Verstößen erhebliche Sanktionen in Aussicht stellen. Engels warnt: Auf solche Risiken könnten sich Unternehmen nicht einlassen. Sie würden Call Center Aufträge ruhen lassen oder ins Ausland verlagern. Tausende von Stellen seien bedroht. Andere Länder, wie zum Beispiel Irland, böten für Call Center verlockende Bedingungen. Vom Bundesrat, der dem Gesetz nicht zustimmen muss, erhielten die Call Center jetzt Rückendeckung. Er stützt weitgehend ihre Position.

Für Engels und viele Call Center Manager reichen die bestehenden Verbraucherschutz-Regeln indes aus. Eva Redel, Chefin des Call Centers "MZ Dialog", meint, das Gesetz gefährde viele Jobs. Dabei könnten sich Bürger schon jetzt in so genannte Robinson-Listen eintragen. Wer da drauf stehe, werde nicht angerufen und erhalte auch keine Werbung, erläutert Redel. Torsten Kamenz, Geschäftsführer der halleschen 3wPhon GmbH, befürchtet, große Teile der Branche, die in Halle gerade einen Aufschwung erlebt, könnten die Region verlassen.