Vattenfall Vattenfall: Chefstuhl wackelt akut
Stockholm/dpa. - Pannenserien und die Haftung für Unfälle indeutschen Atomkraftwerke haben den Chefstuhl von Vattenfall-Konzernchef Lars G. Josefsson (59) akut zum Wackeln gebracht.Schwedens Wirtschaftsministerin Maud Olofsson bestätigte amDonnerstagabend im Fernsehsender TV4, dass sie eine von Josefsson imletzten Sommer unterzeichnete Haftungsverpflichtung für «nichtakzeptabel» halte. Es sei «sehr ernst», dass Olofsson die Erklärungunterschrieben habe, ohne die schwedische Regierung als einzigenEigner des staatlichen Vattenfall-Konzerns zu informieren.
Vattenfall betreibt mit seiner deutschen Tochter die norddeutschenAtomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel. Sie haben nach Pannenserienseit Sommer 2007 fast ununterbrochen stillgestanden. Olofsson hattedie Vattenfall-Führung erst am Vortag wegen der Pannenseriekritisiert, die mit massiven Ertragseinbußen und Schädigung desMarkennamens verbunden gewesen seien. Mehrere Gewerkschaften wollensich im Aufsichtsrat für die sofortige Ablösung des Konzernchefseinsetzen.
Zeitgleich mit den Rücktrittsforderungen aus Politik, Medien undGewerkschaften bekannte Josefsson am Donnerstag in einem Beitrag fürdie Zeitung «Dagens Nyheter»: «Vattenfall hat selbst eineVertrauenskrise erzeugt». Er reagiere mit «Demut» auf die massiveKritik in der Öffentlichkeit und werde seine Anstrengungenverdoppeln, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Vorausgegangen war am Vorabend eine öffentliche Gardinenpredigtvon Wirtschaftsministerin Maud Olofsson, die in der Regierung fürSchwedens größten Staatskonzern zuständig ist. Vattenfall habe mitständigen Pannen in deutschen und schwedischen Atomkraftwerken Mängelder Sicherheitskultur offenbart und auch die Erträge empfindlichgemindert. Das Unternehmen habe nicht genug für die Umstellung auf«grüne Energie» getan und dem guten Markennamen Vattenfall «spürbarenSchaden» zugefügt.
Schon diese Kritik ließ massive Zweifel aufkommen, ob der seitAugust 2000 amtierende Josefsson das zehnte Amtsjubiläum schafft. 24Stunden später legte die Ministerin wegen der Haftungsvereinbarungnach. Unter Josefssons Führung hat sich Vattenfall in rasanter Fahrtvom Stromerzeuger aus heimischen Wasserkraftwerken zum Großkonzernmit europäischen Spitzenambitionen entwickelt. Die Schweden gehörendurch ihre Tochter Vattenfall Europe zusammen mit E.ON, RWE und EnBWzu den vier großen Stromversorgern in Deutschland und belegen nachUmsatz den siebten Platz in Europa.
Der dafür gezahlte Preis schmeckt aber nicht nur derWirtschaftsministerin immer weniger. Vattenfall hat in Deutschlandneben den seit über zwei Jahren im Gefolge von Pannen stillgelegtenAtomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel auch wegen umstrittenerKohlekraftwerke in Ostdeutschland und dem Preisgebaren gegenüberPrivatkunden in Berlin und Hamburg fast pausenlos negativeSchlagzeilen gemacht.
Jetzt wird der Physiker und Ingenieur Josefsson von «seiner»Ministerin unter anderem vorgeführt, weil er das heimische Stromnetzverkaufen wollte, um Geld für den Bau eines Atomkraftwerks inGroßbritannien freizumachen. «Das wurde besprochen, und wir habenNein gesagt», teilte Olofsson kühl mit. «Es ist Zeit zu gehen,Josefsson» mente auch «Dagens Nyheter». Es müsse Schluss sein damit,dass immer neue Vattenfall-Zukäufe in europäischen Ländern wieDeutschland, Polen, Dänemark und den Niederlanden ausschließlich zumAusbau von Kohlekraft und Atomkraft führen.
Dass die Ministerin ihre Tonlage jetzt verschärft, könnte auch mitden im dritten Quartal massiv gesunkenen Vattenfall-Gewinnen zu tunhaben. Dabei schlug der Stillstand in Krümmel und Brunsbüttel mit 91Millionen Euro durch.